)
Politologin: "Absetzung Blochers steht nicht mehr zur Debatte." | Blick auf junge Grünliberale. | Bern/Wien. Mit einem überragenden Sieg bei den Parlamentswahlen hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) ihrem Frontmann, Justizminister Christoph Blocher, den Rücken gestärkt. Diverse Politiker anderer Großparteien hatten vor den Wahlen bereits einen Ausschluss Blochers aus der Regierung gefordert. Zu heftig erschien ihnen dessen restriktive Ausländerpolitik und Anti-EU-Kurs.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Diese Forderung dürfte nun vom Tisch sein. "Die Absetzung Blochers als Minister steht nicht mehr zur Debatte", erklärte Bianca Rousselot vom Institut für politische Forschung in Bern gegenüber der "Wiener Zeitung". Wenn auch nichts unmöglich sei. An der Zusammensetzung der siebenköpfigen Regierung dürfte sich ebenfalls nichts ändern. Die wird derzeit in der Schweiz nach der sogenannten Zauberformel besetzt, die die Posten nach folgendem parteipolitischen Schlüssel aufteilt: Zwei Sitze für SVP, SP und FDP und einer für die CVP.
Dennoch scheint die SVP nun den Spieß umdrehen zu wollen. Nachdem andere Parteien die Absetzung Blochers gefordert hatten, hat nun ihrerseits die SVP für eine "Erneuerung" der Landesregierung plädiert. Demnach sollen die drei amtsältesten Minnister, Innenminister Pascal Couchepin von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP), Umweltminister Moritz Leuenberger von der Sozialdemokratischen Partei (SP) sowie Verteidigungs- und Sportminister Samuel Schmid (SVP) vor dem 12. Dezember zurücktreten. An diesem Tag wird das neue Parlament über die Besetzung der neuen Regierung entscheiden.
Couchepin hatte Blocher und die SVP mit Mussolini und dem Faschismus verglichen, Leuenberger wollte die Abschiebungsinitiative der SVP stoppen, mit der kriminelle Ausländer nach Verbüßung ihrer Strafe mitsamt ihrer Familie ausgewiesen werden sollten und Schmid gehört dem gemäßigten Berner Flügel der SVP an.
Geschichtsträchtiger Erfolg der SVP
Die Wahlbeteiligung erreichte schätzungsweise 49 Prozent und damit den höchsten Wert seit 1983. Mit 29 Prozent der Stimmen hat die SVP, rund um "Volkstribun" Blocher Geschichte geschrieben. "Das ist das höchste Ergebnis, das eine Partei seit 1919 in der Schweiz erzielt hat", erklärte Rousselot. In diesem Jahr war in der Schweiz das Verhältniswahlrecht eingeführt worden. Die SVP werde sich durch dieses für sie hervorragende Ergebnis auch künftig in ihrer Politik legitimiert sehen. Der harte Anti-EU-Kurs dürfte somit ebenso fortgesetzt werden wie die von der SVP geforderte restriktive Ausländerpolitik.
Grund für den Sieg seiner Partei sei das Parteiprogramm, sagte SVP-Chef Ueli Maurer: "Wer gegen die EU ist, wer tiefere Steuern will, wer Sicherheit und weniger kriminelle Ausländer will, wählt die SVP."
Ein bürgerlicher Alleingang ist indes nicht wahrscheinlich. Die FDP, auf deren Unterstützung die SVP zählt, hat nämlich ihren Negativ-Trend vergangener Wahlen fortgesetzt und nun weitere 1,7 Prozentpunkte verloren.
Besonders spannend wird laut Roussselot, auf welche Seite sich die Grünliberalen schlagen werden. Erst dieses Jahr gegründet, hat die Partei, die in Finanz- und Wirtschaftsfragen weiter rechts als die Grünen steht, auf Anhieb 2 Prozent der Stimmen erhalten. Schlägt sie sich auf die Seite der Linken, würde dies ein klares Gegengewicht zum rechten Block ergeben. Orientieren sie sich zur Mitte, würde dies einen künftigen rechts-bürgerlichen Kurs der Schweiz untermauern.