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Swap-Streit: Linz hat neue Munition gegen Bawag

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Schweizer Finanzmarktökonom zerpflückt dubiose Währungsspekulation.


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Linz/Wien/Zürich. Im 400-Millionen-Euro-Rechtsstreit der Stadt Linz gegen ihre frühere Hausbank Bawag wegen fragwürdiger und verlustreicher Spekulationsgeschäfte auf den Franken-Euro-Wechselkurs hat sich die Stadt einen renommierten Schweizer Sachverständigen ins Boot geholt.

Martin Janssen, Zürcher Universitätsprofessor für Finanzmarktökonomie, wurde auf Anraten der Rechtsberater der Stadt, dazu zählt Anwalt Lukas Aigner von der Kanzlei Kraft & Winternitz, mit einer Expertise beauftragt, die in Kürze der Staatsanwaltschaft übergeben werden soll.

Janssen soll darin für die Stadt Linz die Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit einer 195-Millionen-Franken-Anleihe und die später von der Bawag angedienten Wechselkursspekulation Swap 4175 durchleuchten. Außerdem soll er prüfen, ob es sich bei diesem Swap-Geschäft, das rund 20 Optionen umfasste, um ein marktübliches Finanzgeschäft handelte und ob dieser Swap das Fremdfinanzierungsportfolio der Stadt Linz verbesserte. Zugleich soll er verifizieren, ob die Stadt Linz für das Risiko, welchem sie durch das Derivatgeschäft ausgesetzt war, mit einer ausreichenden Optionsprämie entschädigt wurde.

Das Prüfungsergebnis des Professors vom Zürcher Institut für Banking und Finance an der Universität Zürich soll am Montag offiziell präsentiert werden. Doch einige Fakten sind bereits zur "Wiener Zeitung" durchgesickert.

Dem Vernehmen nach soll der Schweizer Experte, der auch Chef der Schweizer Ecofin Research und Consulting AG ist, in seinem Fachwerk zum Schluss kommen, dass es sich beim Swap 4175 um eine "reine Währungsspekulation mit einem enormen Klumpenrisiko", sprich einer Häufung von Risiken, handelt.

Starker Tobak

Dem Vernehmen nach beurteilt Janssen die Ausgestaltung dieses Derivatgeschäfts als "sehr einseitig zuungunsten der Stadt Linz".

Auch soll die Bewertung des Zinstauschgeschäfts, dem eine Serie von Optionen zugrunde liegt, ergeben, dass die Stadt Linz für den inneren Wert der Optionen nur teilweise und für das hohe Risiko überhaupt nicht entschädigt wurde. So soll sich der negative Marktwert dieses risikoreichen Finanzgeschäfts auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen.

Außerdem soll "ohne Not ein Klumpenrisiko eingegangen" worden sein, und der Grundsatz der Diversifikation von Risiken verletzt worden sein. "Die Stadt musste sich Schweizer Franken beschaffen, um Zinsen der Anleihe zu bezahlen und das Kapital zu tilgen. Darin besteht ein Währungsrisiko", erklärt ein Insider. "Durch den Swap wurde auch der Zinssatz von der Währungsentwicklung Franken-Euro abhängig gemacht." Und: "Aufgrund des Klumpenrisikos hat der Swap 4175 auch aus Sicht des Jahres 2007 auf keinen Fall eine Optimierung des Fremdfinanzierungsportfolios der Stadt bewirkt."

Cocca-Gutachten bestätigt

Janssens Gutachten, für das unter anderem 200.000 Simulationsläufe für die Berechnung des sogenannten fairen Wertes von Optionen durchgeführt wurden, soll auch die Expertise das Linzer Universitätsprofessors Teodoro Cocca untermauern, der das Bawag-Swap-Geschäft als "unverantwortlich spekulativ" beurteilte.

Vorwürfe bestritten

Die Bawag, die die Stadt Linz mit einer saftigen Gegenklage in Höhe von 418 Millionen Euro eindeckte, hat bisher alle Vorwürfe bestritten und das Derivatgeschäft als rechtskonform dargestellt. Die Stadt Linz soll über die Risiken Bescheid gewusst haben.

Die Linzer Stadtväter und ihre Rechtsberater bestreiten diese Darstellung vehement.