Gespräche mit irischer Eircom auf Druck der Regierung abgebrochen. | Swisscom-Spitze reagiert mit scharfer Kritik am Bundesrat. | St. Gallen. Jens Alder gibt nach, vorerst jedenfalls. Der Chef des Schweizer Telekomkonzerns Swisscom teilte in Zürich mit, dass die Übernahmegespräche mit der irischen Eircom abgebrochen worden seien. "Unter den gegebenen Umständen sieht Swisscom keine Möglichkeit für ein Übernahmeangebot." Der Grund lag nicht auf der Grünen Insel: Eircom hatte sich offen für eine Übernahme gezeigt, sofern der Preis stimmte. Andere Interessenten, die den Preis in die Höhe getrieben hätten, haben sich bisher nicht gemeldet.
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Bund will Geld von Swisscom
Alder steht vielmehr unter Druck des Bundesrates, der Schweizer Regierung. Dieser hatte vor zehn Tagen beschlossen, seinen Anteil an der Swisscom von derzeit zwei Dritteln zu verkaufen. Der zuständige Finanzminister Hans-Rudolf Merz begründete dies ausdrücklich damit, dass dem Ex-Monopolisten auf diese Weise ein größerer Spielraum im Ausland eingeräumt werden sollte. Einen Tag später schob sein Departement aber nach, dass der Bundesrat gleichzeitig seinem Unternehmen bis zur Privatisierung Auslandsengagement verboten habe. Das Unternehmen solle vielmehr seine freien Mittel den Eigentümern zurückgeben, also dem Staat.
Verärgerung in allen Lagern
Der Doppelentscheid löste Verärgerung in allen Lagern aus. Die Privatisierungsgegner wandten sich gegen den angekündigten Verkauf, die Befürworter gegen das Verbot von Auslandsübernahmen.
Beide eint die Furcht, eine geschwächte Swisscom könnte nach der Privatisierung selber zum Übernahmekandidat werden. Volksvermögen werde auf diese Weise verscherbelt. Bestätigt fühlen sie sich dadurch, dass der Aktienkurs der Swisscom innerhalb von zwei Tagen um knapp 15 Prozent einbrach. Der Bundesrat selbst verschlimmerte seine Situation noch, indem gleich fünf seiner sieben Mitglieder den Doppelentscheid interpretierten - und zwar jeder anders.
Alder droht nun mit Rücktritt
Die Swisscom hat bis gestern, Montag, geschwiegen - dann aber mit scharfer Kritik nicht zurück gehalten und noch für dieses Jahr eine neue Strategie angekündigt. Sie verwies zudem darauf, dass sie seit ihrer Teilprivatisierung dem Staat 9 Mrd. Franken (6 Mrd. Euro) abgeliefert habe. In diesem Jahr schütte sie sogar 2,9 Mrd. Franken in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen aus.
Sie begründete aber erneut ihre bisherige Strategie, im Ausland wachsen zu wollen: Im Inland seien ihre Wachstumschancen begrenzt. Jens Alder drohte deshalb mit dem Rücktritt, falls der Bundesrat an seinem strikten Verbot von Übernahmen im Ausland festhalten sollte.
Das letzte Wort haben auch in diesem Fall die Stimmbürger. Das Parlament kann nun zwar die Privatisierung beschließen. Doch dagegen kann mit 50.000 Unterschriften das Referendum ergriffen werden. Das Ergebnis des Referendums, das frühestens in einem Jahr durchgeführt werden kann, ist bindend. So lehnten die Bürger vor drei Jahren die Liberalisierung des Strommarktes ab.
Telekom Austria in anderer Rolle?
Für den Fall, dass die Bürger dem Verkauf zustimmen, wurde bereits wieder die Telekom Austria ins Gespräch gebracht. Swisscom hatte versucht, die Österreicher zu übernehmen, war aber gescheitert. Der Ex-Monopolist solle nicht an ein Staatsunternehmen verkauft werden, hieß es damals aus Wien.
Swisscom hat im Schweizer Festnetz noch das Monopol auf die "letzte Meile", im Mobilfunk ist sie mit 4,2 Millionen Kunden ebenfalls die größte Anbieterin. In den ersten neun Monaten dieses Jahres hat sie bei einem Umsatz von 7,3 Mrd. Franken (4,7 Mrd. Euro) einen Gewinn von 1,65 Mrd. Franken erzielt. Sie gehört zu zwei Dritteln dem Bund. Der Rest ist in den Händen von 64.000 meist Schweizer Aktionären.