Latinos, Afroamerikaner und Junge sicherten Obama den Wahlsieg.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Washington/Wien. Sie sind jung, urban und weiblich, sie sind Latinos und Afroamerikaner, sie twittern und sind in Internetforen aktiv - und sie bringen den Sieg: US-Präsident Barack Obama hat einen klaren Wahlsieg und damit eine zweite Amtszeit eingefahren, weil er sich die Stimmen von dynamischen Wählerschichten sowie Minderheiten sichern konnte.
Zu einem beträchtlichen Teil kann sich Obama für seinen Sieg bei den Frauen bedanken. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge schenkten ihm 55 Prozent der Wählerinnen das Vertrauen. Für Herausforderer Mitt Romney entschieden sich lediglich 43 Prozent. Das Ergebnis bei weiblichen Wählern spiegelt in etwa Obamas Erfolg vor vier Jahren wider, bei dem er 13 Prozentpunkte vor seinem damaligen Kontrahenten John McCain lag. Der klare Vorsprung erklärt sich auch durch die Gesellschaftspolitik des Präsidenten.
Obama vom ersten Tag an für Gleichberechtigung
Gleich als erstes Gesetz nach seinem Amtsantritt 2009 unterzeichnete er den "Lilly Ledbetter Fair Pay Act", der es Frauen ermöglicht, rückwirkend gegen ungleiche Bezahlung am Arbeitsplatz zu klagen. Zudem konnte Obama im Gegensatz zu Romney mit einer liberaleren Politik in Sachen Abtreibung punkten, die die Republikaner generell verbieten wollen. Auch die harte Linie der Konservativen in Sachen Homo-Ehe schreckten viele Frauen ab.
Am stärksten schnitt Obama bei afroamerikanischen Wählern ab. Sie stimmen seit jeher mehrheitlich für demokratische Kandidaten. Mit 93 Prozent standen sie diesmal fast gänzlich geschlossen hinter dem Präsidenten - ein außergewöhnlich hoher Wert, auch wenn er ein wenig niedriger liegt als noch bei der letzten Wahl 2008, als Obama sogar 97 Prozent kassieren konnte. Die Afroamerikaner stellen mehr als 12 Prozent der Bevölkerung.
Ebenso sind Latinos den Demokraten treu ergeben. Bis auf eine Ausnahme im Jahr 2004 wählten sie diese seit 2000 zu 60 bis 70 Prozent. 71 Prozent waren es bei dieser Wahl - ein Rekordhoch. Die Lateinamerikaner sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in den USA. Geschätzte 24 Millionen Latinos sind 2012 wahlberechtigt, 2008 waren es noch 20 Millionen. Sie stellen 16,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. In entscheidenden Bundesstaaten wie Florida könnten sie bis 2035 sogar die Mehrheit der Bevölkerung stellen.
In seiner Siegesrede bekräftigte Obama sein Versprechen, die bereits 2008 angekündigte Reform der Einwanderungspolitik durchzusetzen, die rund zwölf Millionen illegalen Immigranten ein Bleiberecht sichern soll. Zum Teil hat er das vom mehrheitlich republikanischen Repräsentantenhaus blockierte Gesetz per präsidialem Dekret durchgesetzt. Am Wahltag sprachen sich zudem die Puertoricaner dafür aus, als 51. Bundesstaat vollständig den USA anzugehören. Das Referendum ist zwar nicht bindend, doch bisher hatte sich die karibische Inselgruppe stets für den Status quo als mit den USA assoziierter Freistaat ausgesprochen.
Bei den Amerikanern asiatischer Abstammung konnte Obama ebenfalls deutlich dazugewinnen. Einer von der "Washington Post" veröffentlichten Wählerbefragung zufolge stimmten am Dienstag 74 Prozent der Wähler mit asiatischen Wurzeln für Obama. Vor vier Jahren waren es nur 62 Prozent gewesen.
Auch bei der Jugend hat Obama die Nase vorn. 60 Prozent der 18- bis 29-Jährigen stimmten für ihn. Ein kleiner Wermutstropfen: 2008 waren es 66 Prozent gewesen. Auch noch bei den 30- bis 44-Jährigen konnte sich der Präsidenten mit 52 zu 45 Prozent gegenüber Romney durchsetzen.
In seinem Wahlkampf setzte Obama entsprechend auf das Internet wie kein anderer vor ihm. Via Facebook, Twitter, Youtube und Co. wurden potenzielle Wähler mit Spendenaufrufen, Durchhalteparolen und Wahlerinnerungen bombardiert. Der Präsident hat damit neue Maßstäbe gesetzt. Eine enorme Datenbank- und Internetmaschinerie betreute 125 Millionen Wählerkontakte - mehr als doppelt so viele wie die Republikaner. Unterstützt wurde diese Strategie durch gut organisierte "Bodentruppen": Die hunderten Wahlkampfbüros der Demokraten stachen jene der Republikaner teilweise um das Dreifache aus und machten in den zwischen Republikanern und Demokraten schwankenden Swing-States wohl den großen Unterschied aus.
Städte sind fest in demokratischer Hand
Wenig half da Romney sein Flächenbombardement mit Wahlkampfbotschaften via TV und Radio. Auch sein flächenmäßiger Sieg zählte am Ende nicht: Rein geografisch wählte ihn die große Mehrheit der USA. Doch die weiten Landstriche sind nur spärlich bewohnt. In den bevölkerungsreichen Städten hingegen wurde Obama zu 62 Prozent gewählt, während Romney lediglich 36 Prozent der Stimmen erhielt.
Dennoch wird es für den demokratischen US-Präsidenten nach seinem Sieg so weitergehen wie bisher: Der Kongress bleibt gespalten, der Senat in demokratischer und das Repräsentantenhaus in republikanischer Hand.
Damit droht ausgerechnet vor den wichtigen Verhandlungen zur Vermeidung eines Haushaltsschocks durch die "fiskalische Klippe" eine anhaltende Blockade. Der republikanische Präsident des Repräsentantenhauses, John Boehner, kündigte bei einer Wahlparty an, seine Partei werde auch künftig erbitterten Widerstand gegen Vorstöße der Demokraten für Steuererhöhungen für Wohlhabende leisten. Wenige Stunden später versprach er dann immerhin eine gemeinsame Politik zur Schuldenbegrenzung. 2013 wird das US-Staatsdefizit nach derzeitigem Stand um rund 665 Milliarden Dollar reduziert. Dies wären 4 Prozent des BIP, womit sich die Wirtschaft übernehmen würde.