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Österreich beteiligt sich nur im Falle einer Resolution der Vereinten Nationen.
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"Wiener Zeitung": Es verdichten sich die Anzeichen, dass es zum Einsatz des Westens gegen Syrien kommen wird. Wann schätzen Sie, wird es soweit sein?
Michael Spindelegger: Ich habe kein genaues Datum, aber die Hinweise, die wir haben, deuten darauf hin, dass ein Militärschlag unmittelbar bevorsteht. Eventuell kommt es sogar schon dieses Wochenende dazu.
Es ist noch nicht klar, wie stichhaltig die Beweise sind, dass Assad einen Giftgasangriff auf Rebellen durchgeführt hat. Ab wann wäre ein Einsatz gerechtfertigt?
Wir wollen für einen Einsatz immer Beweise auf dem Tisch liegen haben. Es sind gerade UNO-Inspektoren vor Ort, um zu überprüfen, ob es wirklich einen Giftgasangriff gegeben hat. Die Beweise kommen dann für die UNO auf den Tisch des Sicherheitsrats und dort müssen die Entscheidungen getroffen werden. Ich glaube, wenn die Beweise wirklich stichhaltig sind - das werden wir in den nächsten Tagen wissen – dann kann auch der UNO-Sicherheitsrat Entscheidungen treffen und das wäre für uns die Grundlage, auch ein militärisches Eingreifen zu befürworten.
Würde sich Russland in diesem Fall noch gegen einen Einsatz stemmen können?
Wenn stichhaltige Beweise der UNO auf den Tisch kommen, kann kein Land mehr einfach wegschauen und sagen: "Giftgasangriff hin oder her, da können wir keine Zustimmung zu einer militärischen Aktion geben."
Wie wird sich Österreich in diesem Fall verhalten?
Wenn es eine UNO-Sicherheitsratsresolution gibt und die Staatengemeinschaft entscheidet, dass ein militärisches Eingreifen nötig ist, werden wir uns anschließen.
Das heißt teilnehmen oder nur Überflugsgenehmigungen?
Wir würden nicht aktiv teilnehmen. Wir haben weder große Kriegsschiffe noch entsprechende Flieger, die einen solchen Angriff durchführen könnten, würden aber mit Sicherheit Flüge über Österreich gestatten und uns in dem Maß beteiligen, wie man das als neutrales Land macht.
Es besteht die Gefahr, dass ein militärischer Konflikt auf den Libanon übergreifen würde. Dort gibt es österreichische Soldaten und österreichische Zivilisten. Was passiert mit denen?
Bei einem Militärschlag wäre die ganze Region involviert und der Libanon scheint da auch ein nächstgefährdetes Land zu sein. Wir haben jetzt eine Warnung ausgegeben, dass niemand mehr dorthin reisen soll. Es ist einfach zu gefährlich. Es gibt Österreicher, die jetzt dort auf Urlaub sind, es gibt Österreicher, die ständig dort leben - wir haben Kontakt mit ihnen aufgenommen und haben sie auf die Gefahrenpotentiale hingewiesen. Notfalls helfen wir ihnen, nach Österreich zurückzureisen. Unsere Unifil-Soldaten sind im Libanon im Verband mit tausenden anderen Soldaten stationiert und bleiben vorerst dort.
Wäre es denkbar, dass die österreichischen Soldaten auf den Golan zurückkehren, wenn sich die Situation einmal beruhigt hat?
Das kann ich heute nicht beurteilen. Letztlich war ja die Grundlage für uns, aus dem Golan abzuziehen, dass das Waffenembargo der EU aufgehoben wurde. Das war für uns der entscheidende Grund diese Mission zu überdenken. Ich sehe derzeit keinen Anlass, unsere Haltung zu ändern.
Die Tschechen wollen uns dort ersetzen. In den letzten Tagen ist es zu Verbalscharmützeln zwischen Ihnen und dem tschechischen Ex-Außenminister Karl Schwarzenberg gekommen. Sind die Tschechen so mutig, sind wir so feig?
Ich habe immer gesagt: "Wenn wir das Waffenembargo der EU gegenüber den Rebellen tatsächlich aufkündigen, dann haben wir eine sehr schwere Situation und können dort faktisch nicht bleiben." Wir haben genau nach dem gehandelt. Ich habe alle informiert, alle haben das gewusst und wir haben auch die richtige Entscheidung getroffen. Die Situation vor Ort kann sich ändern, aber momentan sieht es überhaupt nicht danach aus. Daher werden wir abwarten, wie es jetzt weiter geht: Mit einem Militärschlag gegen Syrien oder mit hoffentlich bald beginnenden Friedensverhandlungen. Das ist das Entscheidende, um diese Situation zu überdenken.
Österreich hat explizit erklärt, christliche Asylanten aus Syrien aufnehmen zu wollen. Wieso?
Wir wollen Frauen, Kindern und auch Christen hier einen Zufluchtsort geben. Christen sind auch eine Gruppe, die stark verfolgt wird in Syrien. Wir haben bereits vielen Christen Asyl gewährt. Die haben Familienangehörige, die auch nachkommen wollen und ich denke, dass das dann ein durchaus stimmiges Programm ist, wenn man ihnen Zuflucht gewährt.