Neuer UNO-Sondermittler noch diese Woche in Beirut. | Präsident verweigert Aussage. | Damaskus. Hoch unter dem blechernen Kuppeldach des al Hamidiye-Souks hat das Regime seine Parolen angebracht. "Das syrische Volk steht zu seinem Präsidenten", heißt es auf einem von einem halben dutzend Transparenten, die auf dem langen Durchgang zu den Säulen des antiken Jupitertempels und der im achten Jahrhundert fertig gestellten Omayyadenmoschee hängen.
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Ein seltsamer Kontrast zum orientalischen Treiben der Händler, die vor ihren eng aneinander gedrängten Läden bunte Kleider, Parfüm und Schmuck anbieten, aber für jedermann verständlich: In Arabisch, Französisch und Englisch werden die "Angriffe der USA und Israels" auf Bashar Assad in langen Losungen verurteilt - unbeeindruckt von den lauten Rufen der Geschäftsleute und den zu Hunderten durch die Passage schlendernden Passanten.
Khaddam ein Heuchler?
"Die Anschuldigungen gegen Assad sind total verlogen", sagt Ramiz, ein Verkäufer Anfang zwanzig. Zum Jahreswechsel hatte der langjährige Vizepräsident Abdel-Halim Khaddam dem seit bald sechs Jahren regierenden Präsidenten vorgeworfen, in die Ermordung an Libanons Expremierminister Rafik Hariri verwickelt gewesen zu sein. Assad und seine engsten Berater, klagte der im vergangenen Sommer zurückgetretene 73-Jährige in einem Interview mit dem Fernsehsender Al-Arabija aus seinem Pariser Exil, hätten darüber hinaus alle Reformbemühungen im Keim erstickt. Für Ramiz nichts als Heuchelei: "Über Jahrzehnte saß er im Zentrum der Macht, und jetzt stellt er sich als Reformer da - während er in Paris Champagner trinkt und sein Geld zählt."
Die seit dem Mord an Hariri im Februar 2005 unter erheblichem internationalem Druck stehende syrische Regierung reagierte schon am Tag nach dem Interview mit einer Anzeige wegen Hochverrats gegen Khaddam. Gegenüber der eigens eingerichteten UNO-Sonderkommission, die die Verantwortlichen des Attentats ermitteln soll, zeigte er sich am Wochenende unversöhnlich: Nach Treffen mit Saudi-Arabiens König Abdullah und Ägyptens Präsident Hosni Mubarak lehnte er Aussagen vor der Kommission unter Verweis auf seine Immunität als Staatschef ab.
Offenbar setzt Assad darauf, sein Image als starker Mann zu verteidigen. Doch Medienberichte weisen darauf hin, dass um Khaddam herum eine Opposition am Entstehen ist, die dessen bröckelnde Herrschaft angreifen könnte.
"Ich möchte das Land retten", sagte er der in London erscheinenden Tageszeitung "Asharq al-Awsat" vorige Woche und forderte die syrischen Oppositionsparteien dazu auf, "die richtige Atmosphäre zu schaffen, damit das syrische Volk das Regime stürzen kann". Assads Regierung könne "nicht reformiert werden, daher gibt es keine Alternative, außer es zu stürzen".
UNO macht Druck
Inwieweit Zugeständnisse der syrischen Regierung die schon im Oktober vom UNO-Sicherheitsrat angedrohten Sanktionen noch verhindern können, scheint jedoch fraglich. Nach den Äußerungen Khaddams forderte die bislang vom Berliner Staatsanwalt Detlev Mehlis geführte Sonderkommission zum Hariri-Attentat die Behörden in Damaskus auf, bis Dienstag ihr Einverständnis zum Verhör Assads und Außenminister Farouk Sharaas zu geben. Sharaa ist dazu offenbar bereit, Assad hingegen nicht - trotz der vorangegangenen Vermittlungsbemühungen Mubaraks und Abdullahs.
Auf Monate lange Hinhaltemanöver wie noch im vergangenen Jahr aber, als das Einverständnis zur Vernehmung fünf hochrangiger Sicherheitskräfte erst im Dezember erfolgte, wird sich Mehlis' designierter Nachfolger, der Belgier Serge Brammertz, kaum einlassen. Am Donnerstag wird er in Beirut erwartet.
Was dann aus Assad und seiner Gefolgschaft wird, weiß in Syrien zur Zeit keiner, auch Ladenbesitzer Ramiz bleibt es ein Rätsel, wie stark der Rückhalt für den Jungpräsidenten innerhalb des Regimes noch ist. Optimistisch ist er dennoch. "Für das Land kann es nur gut sein, wenn sich die Führung untereinander streitet. Das heißt, es ändert sich was."