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Anschläge in Beirut und Paris zeigen Machtlosigkeit gegen Extremisten.
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Istanbul. Eigentlich sollte dieses Wochenende ja ganz im Zeichen eines neuen Anlaufes im Ringen um eine Lösung im Syrienkonflikt stehen. Österreich als Austragungsort und der Oman als Vermittlerstaat sollten die Schauplätze sein. Außerdem wollte mit dem Hassan Rohani erstmals ein iranischer Präsident seit 2005 die EU besuchen. Neben dem Vatikan und Italien sollte auch Frankreich auf dem Programm stehen. Doch dann wurde das minutiös geplante Drehbuch der politischen Bühne einmal mehr höchstwahrscheinlich von Terroristen umgeschrieben: schon vor ein paar Tagen zeigten sie in Beirut mit dem Doppelanschlag die Machtlosigkeit der Polizei und riefen wie beim verheerenden Anschlagskonglomerat in Paris am Freitagabend "Allah lebe hoch"!
"Plötzlich merken wir, dass die Syrienfrage per se nicht nur Syrien, sondern uns alle sehr stark betrifft. Es gilt nicht nur eine Lösung für das bürgerkriegsgeplagte Land, sondern für die komplette Region und gegen den Terrorwahn zu finden und zwar vorgestern", gibt ein europäischer Diplomat im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" eine deutliche Warnung ab. Mehr denn je müssen die Rivalen Iran und Saudi-Arabien ihre persönliche Fehde vergessen und eine Strategie erarbeiten, die diese Hilflosigkeit, der man durch die Dreistigkeit der Extremisten ausgeliefert ist, beendet, ergänzt er.
Das sichere Europa
Plötzlich geht es nicht mehr um Syrien, nicht mehr um den Iran und seine Rehabilitierung, es geht um das sichere Europa, dessen Bevölkerung tief erschüttert und fassungslos ist. Besonders bei den Franzosen waren die Narben der schrecklichen Anschläge auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" vor nicht einmal einem Jahr noch nicht verheilt. Nun kommen neue Wunden hinzu.
Die Attentäter und Terrorzellen, die ihre horrenden Taten oftmals verherrlichend ankündigen, hatten in dieser Woche vermehrt dazu aufgerufen, Anschläge in Frankreich zu verüben. Die von Zeugen beschriebene an den Tag gelegte Gelassenheit und Besonnenheit bei der Ausübung der Gräueltaten einher mit ihrer Ankündigung, weitere Terrorakte verüben zu wollen, macht Angst. Angst, die man in diesen Stunden auch weltweit auf Flughäfen spürt.
Jedes unbeaufsichtigte Gepäcksstück sorgt für Schaudern, die Sicherheitskontrollen wurden verschärft und in großen Knotenpunkten zwischen der arabischen und der europäischen Welt wie etwa in Istanbul herrscht ein Ausnahmezustand. Hektik, Unsicherheit und Sorge machen sich bei vielen Menschen breit, wenn mehrere junge Araber mit Bart in der Check-in-Schlange neben einem stehen. Dann hört man Sätze wie jenen einer jungen Britin heute morgen am Ata-Türkei-Flughafen: "Die armen Burschen sind vielleicht harmlos, vielleicht sind sie IS-Sympathisanten. Vielleicht bin ich auch paranoid angesichts der Ereignisse und habe präventiv ein mulmiges Gefühl, um mich zu schützen, aber warum tut niemand etwas gegen diesen ganzen Wahnsinn?", will sie wissen.
Eines steht jedenfalls fest: Diese Syrien-Konferenz wird zur Anti-Terror-Konferenz und die Machthaber müssen sich schleunigst etwas einfallen lassen, um das lang erkämpfte europäische Friedensjuwel der Freiheit nachhaltig erhalten zu können. Die Führung in Muskat als Vermittler im Syrienkonflikt reagiert übrigens schon auf den Terrorwahn in Paris: Sultan Qabus hat dem Vernehmen nach eine Offensive für den engen Dialog gegen die Destabilisierung der Region und Europas durch die Extremisten angeordnet.