Mitterlehner präsentiert neue Finanzierung. Rektoren erfreut, Studenten protestieren, SPÖ gesprächsbereit.
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Wien. Mehr Qualität, eine bessere Betreuungssituation und mehr Abschlüsse - das soll laut Vizekanzler Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Ende der Systemumstellung an den Universitäten stehen. Diese sollen mehr Geld erhalten, damit sie unter anderem mehr Professoren anbieten können und so auch die Drop-out-Quote verringert wird. In besonders stark frequentierten Studienrichtungen werden Zugangsregelungen eingeführt. Auch, um den Studentenstrom zu lenken. Dass dadurch viele Studierende auf Fachhochschulen ausweichen werden, sei gewollt, bestätigte der Wissenschaftsminister bei einem Hintergrundgespräch. Begleitet wird diese Systemänderung von einer Anhebung des Budgets um 1,35 Milliarden auf 11 Milliarden Euro für die Leistungsperiode 2019 bis 2021. Es wird künftig auch kein Globalbudget mehr geben, sondern aus drei Töpfen für Infrastruktur, Forschung und Lehre bestehen.
So wie die SPÖ seit Jahrzehnten die gemeinsame Schule fordert, fordert die ÖVP Zugangsregeln für die Unis. An keiner dieser Fronten gab es bisher Bewegung. Bei den Universitäten könnte jetzt ein Durchbruch gelingen, schließlich hat auch Bundeskanzler Christian Kern in seinem Plan A eine Studienplatzfinanzierung angesprochen. Mitterlehner will für sein Modell, das in wesentlichen Punkten mit den Universitätsrektoren akkordiert sei, wie er betonte, bei der SPÖ noch werben. Denn ein Beschluss müsse noch heuer erfolgen, damit die sogenannte Universitätsfinanzierung Neu ab der nächsten dreijährigen Leistungsperiode, die 2019 beginnt, umgesetzt werden kann.
Hammerschmid: Soziale Dimension mitberücksichtigen
"Wir sind zu Verhandlungen mit der ÖVP bereit", sagte dazu Bildungsministerin Sonja Hammerschmid zur "Wiener Zeitung". Allerdings hat sie eine Bedingung: "Die soziale Dimension muss mitberücksichtigt werden." Damit meint die Bildungsministerin, dass die Studienbeihilfe erhöht werden muss - und zwar nicht nur um die von Mitterlehner geplante Erhöhung um 25 Millionen Euro, sondern um einen wesentlich höheren Betrag. Denn die Studienbeihilfe sei seit den 1990er Jahren nicht mehr angehoben worden und habe seither einen Kaufkraftverlust von 34 Prozent. Mitterlehner allerdings hat bereits im Vorfeld angedeutet, dass die SPÖ das mit Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) wird klären müssen.
Einig sind sich SPÖ und ÖVP aber über den Zeitplan: Beschluss noch heuer, Implementierung und Start 2019. Und beide Seiten zeigen sich auch zuversichtlich, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Die österreichischen Universitäten haben seit Jahrzehnten mit einer stark steigenden Studierendenzahl zu kämpfen - zu kämpfen deshalb, weil das Budget nicht im selben Umfang angehoben wurde, wie die Studierfreude im Land angestiegen ist. Erschwerend kommt hinzu, dass 57 Prozent aller 280.000 Studierenden nur 20 der 160 möglichen Studienrichtungen beziehungsweise der mehr als 1100 angebotenen Studienfächer belegen.
Studenten, die keine Prüfungen belegen, sollen weniger werden
Das führt in einigen Fächern zu einer eklatanten Unterbetreuung. So ist das Betreuungsverhältnis zwischen Studierenden und Professoren an den Erziehungswissenschaften 1:123, in den Fremdsprachen 1:73 und in den Rechtswissenschaften 1:70. Das führt dann dazu, dass in der Pädagogik 42 Prozent der Studienanfänger ihr Studium nicht abschließen, bei den Fremdsprachen liegt die Drop-out-Rate bei 71 Prozent und bei Jus sogar bei 73 Prozent.
Ziele der Uni-Reform seien: die Betreuungsrelation zu verbessern, die Forschung zu erhöhen und weniger prüfungsinaktive Studierende zu haben. So soll bis 2021 die Zahl der prüfungsaktiv betriebenen Studien von derzeit 182.000 auf 210.000 erhöht werden.
Ziel ist ein Betreuungsverhältnis von 1:40
Ideal wäre und angestrebt wird eine Betreuungsrelation in den "Buchwissenschaften" wie Jus oder Sozialwissenschaften von 1:40. Daher ist laut Mitterlehners Reformentwurf geplant, von den 1,35 Milliarden der Budgeterhöhung 510 Millionen Euro in wissenschaftliches Personal zu investieren: 500 Professuren sowie Assistenzpersonal und Ausstattung könnten damit bezahlt werden. Die anderen 840 Millionen Euro seien für die Fortsetzung begonnener Vorhaben gedacht.
Um allerdings eine bessere Betreuungssituation zu bekommen, wird auf der anderen Seite der Zugang zu überlaufenen Fächern - wie den oben genannten - begrenzt. Die Maßzahl für die Bemessung der Studienplätze soll gewichtet werden: Zu 50 Prozent einfließen soll dabei die Zahl der prüfungsaktiven Studenten im ersten Studienjahr, zu jeweils 25 Prozent die Zahl der Studienanfänger und der Abschlüsse - jeweils im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.
Startplätze für Jus sinkenvon 8000 auf 5000
Für die Rechtswissenschaften hieße das, dass die Zahl der Studienanfänger von 8000 auf 5000 sinken würde. Dennoch, so Mitterlehner, sei es nicht die Absicht, weniger Studierende zu haben, sondern diese besser zu verteilen. So könnte eben auf die Fachhochschulen, die mehr Plätze bekommen sollen, ausgewichen werden, oder auch andere Studienfächer - vor allem technische - gewählt werden.
Die Unis erhalten verschiedene Möglichkeiten der Zugangsregulierung: Alle Unis können ein Online-Self-Assessment, ein Motivationsschreiben oder auch einen Test verlangen - die Ergebnisse dürfen aber nicht über eine Zulassung entscheiden. Aber den Unis werden auch tatsächlich Zugangsbeschränkungen ermöglicht, bundesweit oder an einzelnen Unis. Voraussetzung dafür ist die Verschlechterung des Betreuungsverhältnisses.
Unterschiedlich bewerten die Universitätenkonferenz (uniko) und die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) das Modell für eine neue Unifinanzierung. Die uniko begrüßte die Pläne, die Studentenvertreter zeigten sich "empört".