Studie: Ausländische Beschäftigte werden in Österreich strukturell diskriminiert.
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Österreich ist ein Einwanderungsland. Ohne Zuzug von außen würde die Einwohnerzahl schrumpfen. Anfang dieses Jahres hatten 17,7 Prozent der Bevölkerung keine österreichische Staatsbürgerschaft, was einen neuen Höchststand darstellte. Etwa ein Fünftel der unselbständig Beschäftigten - rund 800.000 Menschen - sind keine Österreicher. Sie arbeiten im Vergleich mit der inländischen Erwerbsbevölkerung häufiger im Bau, in der Gastronomie, in der Pflege, in der Gebäudereinigung oder in der Landwirtschaft.
Viele dieser Berufe hätten sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren der Corona-Pandemie als systemrelevant herausgestellt, sagte Daniel Schönherr vom Sora-Institut am Mittwoch in einem von "Diskurs. Das Wissenschaftsnetz" organisierten Mediengespräch. Anlass war der Internationale Tag der Migranten, der am 18. Dezember begangen wird.
Wie integrativ ist Erwerbsarbeit?
Allgemein herrscht die Vorstellung, dass die Teilhabe am Arbeitsmarkt Integration fördert. Doch Zweifel sind durchaus angebracht. "Ausländische Beschäftigte werden in Österreich strukturell diskriminiert", betonte Schönherr mit Verweis auf die Studie "Ausländische Beschäftigte am Arbeitsmarkt - zwischen Systemrelevanz und Exklusion". Zuwanderer seien häufiger in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt als Österreicher, was sich durch geringere Qualifikation erklären lasse, so der Arbeitsmarktforscher. Jedoch finden 25 Prozent der ausländischen Beschäftigten, dass sie für ihren Job überqualifiziert seien.
Mit ihren Arbeitszeiten sind nur 63 Prozent der ausländischen Staatsbürger zufrieden, während es bei den inländischen Beschäftigten 75 Prozent sind. Zwischen einem Viertel und einem Fünftel aller ausländischen Beschäftigten vermissen Wertschätzung durch Kollegen und Vorgesetzten. Das sind doppelt so viele wie unter inländischen Beschäftigten. "Ein Fünftel berichtet von Ausgrenzung in der Arbeit: Gerüchte, üble Nachrede, Mobbing bis hin zu Mobbing, Psychoterror und Drohungen", so Schönherr. Unter österreichischen Befragten waren es deutlich weniger als 10 Prozent). Die Studie beruht auf Sonderauswertungen vorhandener Daten wie etwa des Österreichischen Arbeitsklima-Index, der Statistik Austria und der Österreichischen Sozialversicherungen.
Ausländische Staatsbürger fühlen sich auch häufiger als Österreicher durch körperliche als auch psychische Faktoren in der Arbeit belastet. Ein Viertel der ausländischen Beschäftigten glaubt, schon einmal eine Stelle aufgrund persönlicher Merkmale nicht bekommen zu haben.
Diskriminierung wirke sich erschwerend auf die Integration von Zuwanderern aus. "Arbeit wird zu Belastung. Damit zieht auch diese politische Forderung, die immer aufgestellt wird, nämlich sich über Erwerbsarbeit hier zu integrieren, ins Leere", so Schönherr.
"Erwerbstätigkeit ist mehr als ein Arbeitsplatz"
"Erwerbstätigkeit ist mehr als ein Arbeitsplatz", betonte Yvonne Franz von der Universität Wien, die sich mit der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten durch soziale Innovation beschäftigt hat. "Wenn der Arbeitsmarkt in seiner integrativen Funktion gut für Geflüchtete funktioniert, dann ist das die Drehscheibe für so viel mehr Information wie Spracherwerb, soziale Integration, Role Models, die man kennenlernt."
Neben den bekannten Hürden des Arbeitsmarktzugangs gebe es auch innovative Beispiele von neuen Wegen der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Soziale Innovationen in der Arbeitsmarktintegration standen auch im Zentrum des Inter-Reg Central Europe Projekts (2019-2022) "Soziale Innovation für Geflüchtete (SIforREF)". Die kooperierenden Partnerstädte waren Venedig, Berlin, Bologna, Ljubljana, Parma und Wien.
Das Kooperationsprojekt analysierte und testete Lösungen mit dem Ziel, die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft nach ihrer Ankunft in fünf mitteleuropäischen Städten zu unterstützen. Das Projektteam bestand aus Forschern, Vertretern der Kommunalverwaltung und Akteuren der Zivilgesellschaft. (ede)