Carl Szokoll, der Mann, der am 20. Juli 1944 in Wien führend am Militärputsch gegen Hitler teilgenommen hat, nach dessen Zusammenbruch aber unerkannt blieb und der dann im April 1945 in Zusammenarbeit mit der Widerstandsgruppe O5 eine kampflose Übergabe Wiens an die Rote Armee versuchte, ist Mittwoch früh knapp zwei Monate vor seinem 89. Geburtstag im Wiener Krankenhaus Lainz gestorben.
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Als Carl Szokoll am 15. Oktober 1915 in Wien geboren wurde, stand sein Vater als Soldat an der Ostfront und kehrte erst drei Jahre später aus der russischen Kriegsgefangenschaft heim. In der eigenen Familie erlebte er die Zerrissenheit der Ersten Republik, als sein Vater als Bundesheersoldat im Februar 1934 an der Beschießung des Karl-Marx-Hofes teilnahm, wo einer seiner Onkel als Schutzbundkämpfer verbarrikadiert war. Auf Wunsch des Vaters schlug er eine militärische Laufbahn ein und als 1938 Hitler in Österreich einmarschierte, wurde er Offizier der Deutschen Wehrmacht, musste aber seine Heiratspläne aufgeben, da seine Gefährtin Christl Kukula zum Teil jüdische Vorfahren hatte. Hochzeit gab es deshalb erst im Jahr 1946.
Dazwischen machte Szokoll Hitlers Krieg in Polen und Frankreich mit, wo er in einen Hinterhalt des Widerstandes geriet und verletzt wurde. Nach der Genesung kam er als garnisonsverwendungsfähig als Ordonnanzoffizier zum Stellvertretenden Generalkommando des XVII. Armeekorps am Stubenring in Wien und hier wurde ihm auch klar, dass nur ein Sturz Hitlers das Ende des Krieges bringen konnte. Durch Major Robert Bernardis wurde er in die Planung der Operation Walküre eingeweiht, die nach den Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944 in Wien perfekt über die Bühne ging. Als alles rückgängig gemacht werden musste, blieb Szokoll unerkannt. Er wurde nach Kroatien beordert. Gegen Kriegsende war er führend an der Operation Radetzky beteiligt, die die kampflose Übergabe Wiens an die Rote Armee vorsah. Auch diese Operation wurde verraten, drei der engsten Mitarbeiter Szokolls - Major Biedermann, Hauptmann Huth und Leutnant Raschke - wurden von den Nazis in Floridsdorf an Straßenlaternen erhängt. Wien wurde aber ohne große Zerstörungen von den Russen erobert. Szokoll geriet nach Kriegsende in russische Gefangenschaft, wo er als US-Spion verdächtigt wurde.
Nach seiner Freilassung wurde Szokoll erfolgreicher Filmproduzent und Autor.