Immunzellen scheinen eine Schlüsselrolle bei der Neurodegeneration im Gehirn zu spielen.
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Wissenschafter sind bei Alzheimer einem neuen Mechanismus auf die Spur gekommen. Schon heute zielen fast zwei Dutzend experimentelle Therapien auf das Immunsystem ab. Dies spiegelt die wachsende Erkenntnis wider, dass Immunprozesse bei der Demenzerkrankung eine Schüsselrolle spielen. Die Forscher haben nun erkannt, dass an der Neurodegeneration auch T-Zellen aktiv beteiligt sind, wie sie im Fachblatt "Nature" berichten. Das könnte zu neuen Therapieansätzen führen.
Viele der in der Entwicklung befindlichen immunologischen Alzheimer-Medikamente zielen auf die sogenannte Mikroglia ab. Sie ist das Verteidigungssystem im Gehirn. Werden Mikrogliazellen allerdings zum falschen Zeitpunkt oder auf die falsche Weise aktiv, können sie das Hirngewebe schädigen. Die Studie zeigt, dass die Mikroglia mit anderen Immunzellen, nämlich den T-Zellen, zusammenarbeiten und gemeinschaftlich Neurodegeneration verursachen können.
An Mäusen entdeckten die Forscher der Washington University School of Medicine in St. Louis, dass Mikroglia starke, zellabtötende T-Zellen ins Gehirn locken und dass der größte Teil der Gehirnschädigung verhindert werden könne, wenn der Eintritt oder die Aktivierung dieser T-Zellen blockiert würde. Damit könnte die gezielte Bekämpfung dieser Immunzellen einen alternativen Weg zur Verhinderung von Neurodegeneration und zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit initiiert werden.
Entwicklung in zwei Phasen
"Vor dieser Studie wussten wir, dass T-Zellen in den Gehirnen von Menschen mit Alzheimer und ähnlichen Erkrankungen vermehrt vorkommen. Aber wir wussten nicht mit Sicherheit, dass sie die Neurodegeneration verursachen", erklärt Hauptautor David M. Holtzman. Schon jetzt zielen einige weitverbreitete Medikamente, wie etwa Fingolimod, auf T-Zellen ab, so der Forscher. Dieses wird häufig zur Behandlung von Multipler Sklerose eingesetzt, einer Autoimmunerkrankung des Gehirns und des Rückenmarks. Es sei wahrscheinlich, dass einige Medikamente, die auf T-Zellen wirken, in klinischen Studien auch für Alzheimer aufgenommen werden könnte, wenn sie in Tiermodellen schützend wirken, so Holtzman.
Morbus Alzheimer entwickelt sich in zwei Hauptphasen. Zunächst bilden sich Ablagerungen des Proteins Amyloid beta. Diese Ablagerungen können sich über Jahrzehnte hinweg aufbauen, ohne dass dies offensichtliche Auswirkungen auf die Gesundheit des Gehirns hat. Doch irgendwann verändert sich auch das Tau-Protein, was den Beginn der zweiten Phase signalisiert. Von da an verschlimmert sich die Erkrankung rasch. Das Gehirn schrumpft, Nervenzellen sterben ab, die Neurodegeneration breitet sich aus, und die Betroffenen bekommen Schwierigkeiten beim Denken und Erinnern.
Immunzellen dezimieren
Mikroglia und ihre Rolle bei Alzheimer sind intensiv erforscht. Die Zellen werden aktiviert, wenn sich Amyloid-Plaques bilden, und noch mehr, wenn sich Tau zu verändern beginnt. Eine mikrogliale Störung beschleunigt den Verlauf der Krankheit. Vor allem dann, wenn beide Arten von Immunzellen gemeinsam ein entzündliches Umfeld schaffen, das die Schädigung von Neuronen begünstigt, schreiben die Forscher. Die Dezimierung der T-Zellen im Mausmodell reduzierte die entzündliche Aktivität.