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Innovationspreis für Medikament, das Spritzen erspart. | Hohe Belastung durch Gräser- und Roggenpollen ab Juni. | Homburg. Auch im dritten Jahr seit ihrer Zulassung zeigt die sogenannte Gräser-Impf-Tablette im Rahmen einer Studie an 2400 Patienten ihre Wirksamkeit und Sicherheit. Ziel der "Tabletten-Impfung" ist es, Graspollenallergikern eine von Spritzen unabhängige und schmerzfreie Immuntherapie (Hyposensibilisierung) zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund wurde die Gräser-Impf-Tablette jüngst mit dem H.G. Creutzfeldt-Innovationspreis ausgezeichnet.
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Jetzt im Juni, während die Fußball-Europameisterschaft und die Grillsaison ihren Höhepunkt erreichen, sind auch die Konzentrationen von Gräser- und Roggenpollen maximal hoch. "Und sie werden sich bis in den späten Herbst halten", prognostiziert Klaus Bucher, Medizin-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg. Für Allergiker sind das alles andere als gute Nachrichten, allenfalls Erinnerung an eine zum Teil leidvolle Realität.
Allergischer Schnupfen ist schon regelmäßiger Begleiter jedes vierten Erwachsenen in Deutschland geworden. Und die Auswertung der sogenannten ISAAC-Studie (International Study of Asthma and Allergies in Childhood) hat gezeigt, dass sieben Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen und 15 Prozent der 13- bis 14-jährigen Jugendlichen an Heuschnupfen erkrankt sind. Bei der Hälfte sind Gräserpollen die Auslöser. Ständiges Niesen, Augenjucken und bisweilen Atemnot sind die häufigsten, von Pollenbestandteilen ausgelösten Symptomen.
Binnen der letzten zwanzig Jahre hat sich die Zahl der allergischen Erkrankungen nahezu verdoppelt. Die zugenommene Feinstaubbelastung spielt dabei eine wesentliche Rolle. "An Feinstaub gebundene Allergie auslösende Proteine - die eigentlichen Allergene - können tiefere Lungenabschnitte erreichen, als das gesamte Pollenkorn", erklärt die Allergologin Claudia Traidl-Hoffmann vom Zentrum Allergie und Umwelt der TU München.
Künftig ganzjährig mit Belastung zu rechnen
Auch die durch den Klimawandel erhöhten Temperaturen sind eine weitergehende Ursache für die Zunahme von Allergien. Dadurch haben sich die Blühphasen verlängert und Richtung Jahresbeginn verschoben. Traidl-Hoffmann vermutet, dass Pollenallergiker deshalb künftig mit ganzjährigen Pollenbelastungen rechnen müssen. Spätestens dann greift die allgemeine und gut gemeinte Empfehlung für Allergiker nicht mehr: Meiden Sie die Allergene.
Zwar stehen eine Reihe hochwirksamer Medikamente zur Bekämpfung der Symptome zur Verfügung, zum Beispiel Kortison-Nasensprays und Antihistamin-Tabletten, doch als die eindeutig elegantere Behandlung hat sich die "Spezifische Immuntherapie" (SIT) erwiesen. Hierbei wird dem Patienten das Allergen, gegen das er sensibilisiert ist, meist unter die Haut gespritzt, oder in Tropfenform verabreicht. Ziel ist es, das Immunsystem an das Allergen zu "gewöhnen". Im Anschluss wird über einen Zeitraum von meist drei bis fünf Jahren in regelmäßigen Abständen eine "Erinnerungsdosis" verabreicht.
Einfache, zu Hause durchführbare Therapie
Zwar geht die WHO davon aus, dass die SIT bei breiter Anwendung vermutlich schon heute die meisten allergisch bedingten Asthma-Erkrankungen verhindern könnte, doch wird die "Allergie-Impfung" zu selten angenommen. Spritzenphobie ist der häufigste Grund. Deshalb bemerkt Prof. Claus Bachert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI): "Die Therapie mit der Gräser-Impf-Tablette ist einfach und zu Hause durchführbar und eignet sich vor allem für Betroffene mit Angst vor Spritzen oder Zeitmangel. So können weitaus mehr Heuschnupfen-Patienten an eine SIT herangeführt werden als bislang."
Große Hoffnungen setzen Allergologen in die Zulassung der Tablette für Kinder und Jugendliche. "Die ersten Studienergebnisse zeigten eine gute Wirksamkeit auch bei jungen Patienten mit diagnostizierter Gräserpollenallergie", sagt zum Beispiel Prof. Albrecht Bufe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin.