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Tag der Eintracht

Von Daniel Bischof

Politik

In St. Pölten gingen die Neos auf Wahlkampftour. Dabei kam es zu interessanten Begegnungen.


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St. Pölten. Manche Menschen mögen sich nicht. Unauffällig wechseln sie die Straßenseite, wenn sie einander zufällig aus der Ferne sehen. Betreten schauen sie auf den Boden oder das Handy, wenn das nicht gelingt. Vielleicht lässt sich so ja doch noch das drohende Gespräch vermeiden. Diese Möglichkeit haben Neos-Parteichef Matthias Strolz und Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Donnerstag nicht. Von einem Tross von Journalisten und Unterstützern umgeben, trifft Strolz am Herrenplatz in St. Pölten zufällig auf den in der Stadt lebenden ÖVP-Politiker.

Doch wer sich einen politischen Schlagabtausch oder gar Unfreundlichkeiten zwischen den beiden erwartet, wird enttäuscht. Freundlich begrüßen sich die beiden. Man witzelt, lacht, gibt sich für gemeinsame Fotos her. "Wann hast du das nächste Duell?", fragt Schelling. Morgen treffe er auf Ulrike Lunacek, antwortet Strolz. Die zwei Männer scheinen sich wirklich zu mögen - oder können es zumindest gut vortäuschen.

Die Harmonie und Freundlichkeiten passen gut zu dem Wetter in der St. Pöltner Innenstadt. Einen sonnig-warmen Herbstmittag haben die Neos für ihre Wahlkampftour in der niederösterreichischen Landeshauptstadt erwischt. Gemeinsam mit Irmgard Griss, mit der die Neos eine Wahlallianz geschlossen haben, versucht Strolz, Wähler zu gewinnen. Am Domplatz, wo gerade der Wochenmarkt stattfindet, gehen die beiden auf Stimmenfang.

Die Sonne und das Leben

"Sie genießen die Sonne?", fragt Strolz eine dreiköpfige Gruppe. "Und das Leben", antwortet ein Mann mit Hut und langen, zusammengebundenen Haaren. Strolz plaudert mit der Gruppe und erklärt dann: "Wir wollen Veränderung". "Das klingt immer gut", meint der Hutträger.

Strolz und Griss marschieren weiter und verteilen eifrig Parteibroschüren. Auch an eine Gruppe von Männern, die es sich bei einem Stand gemütlich gemacht hat. Die Männer trinken Bier und unterhalten sich. "Der Strolz passt eh. Ist eh ein Guader", sagt ein Mann mittleren Alters. "Er hat halt noch nicht viel machen können", wirft ein anderer Mann ein. Potenzielle Wähler werden die Neos unter ihnen aber wohl eher nicht finden. "Ich wähle rot. Ich komme aus einer Eisenbahnerfamilie", meint ein Herr.

Von einigen Passanten bekommen Kurz und Griss Komplimente für ihre TV-Auftritte. "Sie haben sich gut mit Strache geschlagen", sagt eine Frau etwa zu Griss. Die Bundespräsidentschaftskandidatin war am Mittwoch statt Strolz im TV gegen den FPÖ-Chef angetreten. Ein Pensionist ist wiederum von der Physis des Neos-Spitzenkandidaten begeistert: "Strolz ist ein fescher und durchtrainierter Mann. Das sieht man". Er sei noch unentschlossen, wen er wähle. Doch die Neos seien ihm "zu wenig".

Thema Pflege

Thematisch interessieren sich die Passanten vor allem für das Pensions-, Steuer- und Gesundheitssystem. "Die Krankenpflegerinnen werden schlecht bezahlt, obwohl sie einen Batzen Verantwortung haben und mit einem Fuß im Kriminal stehen", beschwert sich ein Passant. Strolz und Griss unterhalten sich ausführlich mit ihm und verweisen auf das Neos-Pflegeprogramm.

Ganz ohne das Migrations- und Flüchtlingsthema kommt die Tour nicht aus. Was ihr dinglichstes Anliegen sei, fragt Strolz eine ältere Frau, die auf einer Bank sitzt. "Wir müssen schauen, dass nicht so viele Ausländer im Land sind. Die leben von unserem Geld", sagt sie. "Also mit dem Umgang mit der Flüchtlingskrise sind sie nicht zufrieden?" - "Ja". Strolz überlegt kurz und lässt dann eine Broschüre liegen. "Ich lasse ihnen was da", sagt er und geht.

Haftung für Politiker

Vor der Stadttour hatten Griss und Strolz gemeinsam mit dem niederösterreichischen Neos-Listenersten Niki Scherak in einer Pressekonferenz das lückenlose Befüllen der Transparenzdatenbank durch die Länder gefordert.

Landeshauptleute, welche die Datenbank nicht umsetzen, sollen mit Strafzahlungen belegt werden. Scherak forderte eine Beschränkung der Wahlkampfkosten auf einen Euro pro Wahlberechtigtem auf allen Ebenen. Griss verlangte die Einführung einer Schadenersatzpflicht für Politiker, wenn diese "nicht-verantwortungsvoll" handeln. Dadurch sollen sie dazu gebracht werden, sich angemessen vorzubereiten, wenn sie finanzielle Entscheidungen treffen. "Mit öffentlichen Geldern darf man nicht spekulieren."

Und selbst die so einträchtige Zufallsbegegnung mit Schelling kommt nicht ohne eine kleine Stichelei aus. "Dem Herrn Schelling hat es nie an Umsetzungswillen gefehlt." Doch habe die ÖVP ihren Finanzminister immer wieder blockiert, so Strolz. Es ist ja dann doch Wahlkampf.