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Taiwan und Tibet: "Ein-China-Politik" nur durch interne Probleme in Gefahr

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua frohlockte: "Die deutsche Regierung hat stets Tibet und Taiwan für unveräußerliche Teile von China gehalten und wird an ihrer Ein-China-Politik festhalten", zitierte sie den außenpolitischen Sprecher der Unionsparteien, Eckard von Klaeden. Der CDU-Mann aus Hannover erteilte im Gespräch mit einem Funktionär der KP Chinas auch gleich einem Boykott der Olympischen Sommerspiele in Peking eine Absage.


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Diese Haltung entspricht der Position der internationalen Staatengemeinschaft. Der Wunsch der Regierung in Peking, als alleiniger Vertreter für ganz China aufzutreten, findet allgemein Anerkennung. Die kleine Insel Taiwan genießt zwar die militärische Solidarität der USA, auf diplomatischer Ebene erkennen aber nicht einmal die Amerikaner den Staat an. Im Gegenzug gibt sich die Volksrepublik in den letzten Jahren konzilianter gegenüber dem Eiland. Premier Wen Jiabao hat unlängst den Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen in Aussicht gestellt.

Sezessionsbemühungen werden freilich weiterhin scharf verurteilt. Dies betrifft sowohl Taiwan als auch Tibet, wobei die chinesische Führung geflissentlich ignoriert, dass es am Dach der Welt immer um Autonomie und nicht um Unabhängigkeit ging. Aber die Angst vor "Luan", der inneren Unruhe und dem Chaos, hat schon über Jahrhunderte die kaiserlichen Dynastien beherrscht. Die Kommunisten haben, trotz aller "Kulturrevolution", das Wunschbild des einheitlichen, zentral verwalteten Staates übernommen.

Die angestrebte "Harmonie" im konfuzianischen Sinn ist allerdings vor allem durch inner-chinesische Probleme gefährdet. Wen hat jüngst die Inflation als die "größte Sorge" seines Volkes bezeichnet.

Die stark ansteigenden Preise für Lebensmittel treffen arme Bevölkerungsschichten am Rande des Riesenreiches besonders. Dadurch ist zu erklären, dass es nicht nur in Tibet selbst, sondern auch in seinen Nachbarprovinzen zu Unruhen kam. Zu ihnen gehören Teile des historischen Tibet, die nach dem Einmarsch von Maos Truppen abgespalten worden waren. Deswegen finden sich dort neben turkmenischen auch tibetanische Minderheiten. Diese Völker fühlen sich gegenüber den zugezogenen Chinesen unterdrückt, ihre Kultur wird zerstört. Aber erst die wirtschaftliche Benachteiligung der Einheimischen hat dem Gemisch von Motiven sein explosives Element hinzugefügt.

Es wurde entzündet, um im Vorfeld von Olympia auf die jahrzehntelange Unterdrückung aufmerksam zu machen. Im Grunde ähnelt der Aufruhr aber sehr den Revolten von Unzufriedenen in ländlichen Gebieten, die immer wieder Peking beunruhigen. Auch dort weiß der Staat der Herausforderung nur mit Gewalt zu begegnen. Die sonstigen Bemühungen um soziale Harmonie blieben bisher erfolglos.