Teheran nutzt die Uneinigkeit des Westens exzellent. | Würden Irans Fußballer so geschickt taktieren wie der diplomatische Korps in Teheran, hätten sie beste Chancen auf den Titel bei der kommenden WM. Kaum ein Land hat es in den letzten Jahren geschafft, den Westen so durcheinander zu wirbeln wie die Perser im Atomstreit. Nicht gerade schlecht vorbereitet gehen die "Taktierer" mit den eleganten graumelierten Bärten in die Verhandlungen in New York, wo die UNO bisher vergeblich um eine Resolution ringt. Gleichzeitig wurde das ewige Spiel "Drohen, um dann zu kalmieren" - beispielsweise das Erwägen der Kündigung des Atomwaffensperrvertrags und das umgehende Dementi mit den Worten "wir sind doch nicht Nordkorea!" - fortgeführt.
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Das Sahnehäubchen iranischer Inszinierungsgenialität war der Brief Ahmadi-Nejads an George W. Bush. Der Atomstreit wird nur angeschnitten, kenntlich für den, der die gewundene Briefkunst Persiens versteht. Teheran beeilte sich sogar, den "purer Zufall", dass der Brief just zu dem Zeitpunkt in Washington eintrudelte, da die UNO in New York wegen dem Iran zusammenkomme, zu unterstreichen.
Der Adressat des medial exzellent verkauften Schreibens ist Bush, aber geschrieben wurde der Brief ganz offenkundig, um die Weltöffentlichkeit zu erreichen, genauer: die islamische. Geschickt lenkt der Manierismus des ausschweifenden Textes von Natanz und Co. ab. Ein weiteres Schreiben an den Papst ist bereits angekündigt.
Der Westen muss sich von der Illusion trennen, dass sich Teheran mit Drohgebärden das Recht auf Nuklearforschung nehmen lässt. Vielmehr hat das Mullahregime die Bevölkerung auf ihrer Seite und jede unüberlegte Drohung stärkt die Führung des Iran.
Vorläufig scheint das Kalkül der Mullahs nämlich aufzugehen, zumindest was den Zeitgewinnungsfaktor anbelangt. Die Uneinigkeit des Westens spiegelt sich in einer ständigen Aufschiebung der Entscheidungen und in einer fortlaufend praktizierten Politik des "Fortwurstelns" wider. Sogar die Außenminister, der Chef der internationalen Atomenergiebehörde(IAEO) Mohamed ElBaradei und EU-Chefdiplomat Solana müssen mithelfen. Es sieht nicht danach aus, dass sich die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat und Deutschland so schnell auf eine Resolution einigen werden, daher musste eine "Zwischenlösung" - ein Paket mit Angeboten und Drohungen - her. Damit sollen die Sanktionsgegner Peking und Moskau doch noch ins Boot geholt werden.
Ahmadi-Nejad versteht es auch ausgezeichnet, zusätzlich zu punkten, da er ständig neue Erfolge des iranischen Atomprogramms - die zugleich eine Provokation des Westens bedeuten und den Anspruch Irans auf seine Rechte aus dem Atomwaffensperrvertrag bekräftigen würden - gemischt mit neuen Hasstiraden gegen Israel verkündet.
Und schon ist der Ball wieder im gegnerischen Feld; und der Westen muss mauern und kontern.