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Andere Strategie würde weniger neue Truppen erfordern. | Washington/Wien. Als Barack Obama im März seine neue Afghanistan-Strategie verkündete, war auch in Europa der Jubel groß: Endlich würden die USA Afghanistan und Pakistan als gemeinsames Problem sehen, endlich würde mehr auf den Schutz von Zivilisten wert gelegt als auf die militärische Eliminierung der Taliban.
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Mittlerweile ist aber klar, dass eine solche umfassende Aufstandsbekämpfung hohe Ressourcen erfordert: Der Afghanistan-Oberkommandierende Stanley McChrystal würde für die Umsetzung des Planes 40.000 zusätzliche Soldaten benötigen. Diese Zahlen versetzten die Regierung in eine "Art Preisschock", zitiert die "Washington Post" einen anonymen Beamten.
Deshalb neige man in der Regierung zunehmend der Position von Vizepräsident Joseph Biden zu, der seit Monaten dafür plädiert, die Ziele bescheidener zu dimensionieren und den Fokus mehr auf Pakistan zu legen, schreibt die "New York Times" über die laufenden Diskussionen. Obama traf sich Mittwochabend mit seinem Team für nationale Sicherheit, zwei weitere Sitzungen folgen in den nächsten Tagen.
Zentraler Punkt ist dabei die Frage, wie gefährlich die Terrorgruppe Al Kaida noch ist und wie eng sie mit den Taliban verzahnt ist. Auch Sicherheitsexperten sind darüber uneins.
Während Außenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates nach wie vor davor warnen, dass Al Kaida wieder erstarken würde, wenn die Taliban weite Teile Afghanistans kontrollieren, heißt es aus der Umgebung des Präsidenten, die Taliban würden keine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit der USA darstellen. Auch Obama selbst bezeichnete diese Woche nur Al Kaida als die Hauptgefahr für das amerikanische Volk.
Sicherheitsberater James Jones meinte unlängst, die Präsenz der Terrorgruppe Osama bin Ladens in Afghanistan sei geschwunden. Die Zahl ihrer Kämpfer betrage unter 100 Mann.
Wenn künftig das Hauptaugenmerk nicht auf die Bekämpfung der Taliban, sondern einer Al Kaida gelegt wird, die jetzt schon geschwächt ist, würde für die Erreichung dieses Ziels weit weniger Truppen benötigt als von McChrystal gefordert. In der Bevölkerung, aber auch in Teilen von Obamas Demokratischer Partei wächst die Skepsis gegenüber einer Truppenaufstockung.