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Taliban kündigen harten Frühling in Afghanistan an

Von Klaus Huhold

Politik

Nato verstärkt Truppen. | Experte: Neben Sicherheitsmaßnahmen nachhaltige Entwicklung notwendig. | Kabul/Wien. Die Nato gerät in Afghanistan in Bedrängnis, denn die Taliban sind im Süden des Landes im Vormarsch. Erst kürzlich zogen sie in Musa Quala ein. Die Nato-Truppen hatten die Bezirkshauptstadt zuvor lokalen Stammesführern überlassen. Diese hatten mit den Taliban vereinbart, dass die Gotteskrieger die Kontrolle der Provinzregierung über Musa Quala respektieren würden. Doch die Radikalislamisten dachten gar nicht daran, diese Vereinbarung einzuhalten. Nun versucht die Nato, die strategisch wichtige Stadt zurückzuerobern.


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Die Kampfhandlungen sind internationalen Beobachtern zufolge erste Vorboten einer Verschärfung des Konflikts in Afghanistan. Denn die Taliban haben eine neue Frühjahrsoffensive und vermehrte Selbstmordanschläge angekündigt. Schon 2006 stieg die Zahl der Selbstmordattentate mit 150 rapide an. Zudem war das vergangene Jahr mit 4000 bei Kämpfen getöteten Menschen das blutigste seit dem Sturz der Taliban 2001.

Die Nato will indessen den Taliban zuvorkommen. "Falls es eine Offensive geben sollte, dann muss das unsere sein", sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice. Außerdem haben die USA, deren General Dan McNeill gestern das Kommando über die internationalen Truppen übernommen hat, die Stärke ihrer Bodentruppen mit zusätzlichen 2500 Soldaten verdoppelt. Auch Großbritannien hat die Entsendung 800 weiterer Soldaten in den umkämpften Süden angekündigt.

Hochburg des Mohnanbaus

Der Präsident der Afghanistan Investment Support Agency, Omar Zhakilwal, betonte indessen, dass sich das Sicherheitsproblem auf den Süden Afghanistans beschränken würde, während der Rest des Landes befriedet sei.

Auf die Frage der "Wiener Zeitung", warum der Süden ein derartiges Sicherheitsproblem darstellt, nannte er mehrere Gründe: So konnten sich die Taliban nach ihrem Sturz entlang der Grenze zu Pakistan wieder regenerieren und würden zudem im Nachbarland Unterstützung von einflussreichen islamistischen Gruppierungen erhalten. Außerdem sei der Süden eine Hochburg der Mohnanbaus, weshalb die Profiteure des Drogengeschäfts an einer Instabilität dieser Region interessiert seien. Zugleich sei die Bevölkerung ärmer als im Rest des Landes und der Süden weniger entwickelt. "Doch ohne eine nachhaltige Entwicklung können Sicherheitsmaßnahmen nicht funktionieren", sagt Zakhilwal.

Dabei stimmt er zusehends mit der Internationalen Gemeinschaft überein. So meinte kürzlich Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, dass es letzen Endes keine rein militärische Lösung für Afghanistan geben kann. "Die Antwort ist Wiederaufbau und Entwicklung", betonte er.