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Sieben Selbstmordkommandos ausgeschickt. | Racheakt für verhaftete Mitkämpfer. | Neu Delhi. Bei einer Kette von Anschlägen der Taliban auf Regierungsgebäude in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Mittwoch mindestens 19 Menschen ums Leben gekommen und über 50 verletzt worden. Zwei Selbstmordattentäter sprengten sich in einem Verwaltungsbüro in die Luft, fast gleichzeitig stürmten bewaffnete Taliban-Kämpfer das Justizministerium und schossen um sich. Ein Attentäter zündete seinen Sprengstoff direkt vor dem Bildungsministerium. Beide Ministerien liegen im schwerbewachten Regierungsgebiet nahe dem Präsidentenpalast. Menschen flohen panisch zu Hunderten aus der Gegend. Die Koordination und die Brutalität der Terrorattacke erinnern an die Anschlagsserie im Indiens Finanzmetropole Bombay im November 2008.
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Das Attentat erfolgte einen Tag vor dem geplanten Besuch des neuen US-Sondergesandten für die Region, Richard Holbrooke. Die Terrortat gilt als eine der schwersten am Hindukusch seit dem Einmarsch der US-geführten Allianz Ende 2001. Bisher waren solch koordinierte Anschlagserien in Afghanistan unüblich.
Ein Sprecher der Taliban erklärte im afghanischen Fernsehen, sieben Selbstmordattentäter seien in das Regierungsviertel geschickt worden. Das Attentat, bei denen auch eine Verwaltungsbehörde für Haftanstalten angegriffen worden war, sei die Antwort für die schlechte Behandlung von Taliban-Kämpfern in den Gefängnissen.
Anti-Terror-Kampf ging bisher ins Leere
Seit gut zwei Jahren haben Gewalt und Gesetzlosigkeit in Afghanistan stark zugenommen. Die Anstrengungen der Alliierten, den Krieg gegen Taliban und andere Aufständische zu gewinnen, liefen ins Leere. Am Dienstag hatte US-Militärchef Mike Mullen erklärt, die amerikanischen Truppen in Afghanistan brauchten dringend Verstärkung. US-Präsident Barack Obama will demnächst bekannt geben, wie viele Soldaten er in die Krisenregion verlegen will.
Die neue US-Regierung will mit einem Strategiewechsel eine Wende in dem seit über sieben Jahren dauernden Krieg herbeiführen. Obama hatte bereits vor seinem Amtsantritt erklärt, er wolle den Fokus im Kampf gegen den Terror vom Irak auf Afghanistan verlegen. Sein Beauftragter Holbrooke, der in der Clinton-Administration eine Schlüsselrolle als Friedensvermittler auf dem Balkan gespielt hat, hat bereits erklärt, dass Afghanistan ein weit härterer Fall sein werde als der Irak und darauf angespielt, dass es Jahre dauern könne, bis der Konflikt gelöst sei.
In den letzten Monaten war das Regierungsviertel in Kabul immer wieder das Ziel blutiger Anschläge: Anfang Januar tötete ein Selbstmordattentäter fünf Menschen vor der deutschen Botschaft. Im Juli 2008 kamen über 50 Menschen bei einem Anschlag auf die indische Vertretung ums Leben. Im Oktober starben fünf Menschen bei einem Attentat im Kulturministerium.