Stundenlange Feuergefechte zwischen Polizei und Angreifern. | Pakistans Innenminister rechnet mit weiteren Anschlägen. | Neu Delhi. Eine ganze Serie koordinierter Terroranschlägen hat am Donnerstag Pakistan erneut erschüttert: Bei Attentaten in der Kulturmetropole Lahore und im unruhigen Nordwesten des Landes kamen mehr als 40 Menschen ums Leben, nachdem allein in den letzten zehn Tagen über 100 Menschen bei Anschlägen überall im Pakistan getötet worden waren.
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Pakistans Innenminister Rehman Malik sprach von einem "Guerilla-Krieg", in dem sich das Land befinde. Die Taliban bekannten sich zu den Attentaten.
Kulturmetropole Lahore im Visier der Taliban
In Lahore, Pakistans zweitgrößter Stadt, griffen radikal-islamische Kämpfer fast gleichzeitig zwei Polizeistationen und ein Gebäude der nationalen Ermittlungsbehörde an. In Kohat und in Peshawar, im Nordwesten des Landes, wurden zwölf Menschen durch Sprengsätze getötet. Die neue Kette von Anschläge erfolgt zu einem Zeitpunkt, da sich die pakistanische Armee auf eine Militäroffensive gegen Taliban-Kämpfer in Süd-Waziristan vorbereitet. Gleichzeitig verabschiedete der US-Kongress ein milliardenschweres Hilfspaket für den Aufbau und die Entwicklung des islamischen Landes.
In Lahore, einer Sieben-Millionen-Stadt unweit der indischen Grenze, stürmten schwer bewaffnete Terroristen am Morgen fast zeitgleich in das Haus der Ermittlungsbehörde, eine Polizeischule und in die Einrichtung der Polizeieliteeinheit in Bedian. Es kam zu stundenlangen Feuergefechten zwischen Polizei und Angreifern. Für die Bevölkerung von Lahore haben die Anschläge einen Deja-vu-Geschmack: Zwei der drei von den Terroristen angegriffenen Einrichtungen waren bereits zuvor das Ziel von Terrortaten gewesen. Im März 2008 starben bei einem schweren Bombenanschlag auf das Gebäude der Ermittlungsbehörde Pakistans, der "Federal Investigation Agency", 21 Menschen. Im März diesen Jahres verübten Taliban-Kämpfer bereits ein Attentat auf die Polizeischule von Manawa und nahmen auch Geiseln. Die Schule ist nur etwa fünf Kilometer von der indischen Grenze entfernt.
Innenminister Malik erklärte, die Welle der Terroranschläge könne noch einige Wochen anhalten. Pakistan würde die Aktivitäten der Terroristen jedoch bald unter Kontrolle bekommen.
Am vergangenen Samstag hatten Taliban das hochbewachte Hauptquartier der pakistanischen Armee in Rawalpindi in einer tolldreisten Aktion angegriffen und sich einen Tag lang mit Geiseln auf dem Gelände verschanzt. Die Armee musste schließlich in demütigender Weise ihre eigene Zentrale stürmen. Zuvor hatten Taliban auch Anschläge auf das Büro des UN-Welternährungsprogramms in Islamabad und einen Markt in Peshawar verübt.
Ende April hatte die pakistanische Armee eine Militäroperation gegen die Taliban im Swat-Tal, einer früheren Urlaubsregion nur rund 100 Kilometer von Islamabad entfernt, begonnen. Im August wurde der Anführer der pakistanischen Taliban, Baitullah Mehsud, getötet. Sein Nachfolger, Hakimullah Mehsud, hat mehrfach erklärt, er werde den Tod Baitullahs mit neuen Anschlägen rächen.