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Taliban weiten Macht in Pakistan aus

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Präsident besiegelt den umstrittenen Friedensvertrag. | Lahore. In Pakistans idyllischem Swat-Tal herrscht nun offiziell die Scharia, das islamische Rechtssystem. Präsident Zardari gab am Dienstag grünes Licht für einen umstrittenen Friedensvertrag mit den örtlichen Taliban im Malakand-Distrikt im Nordwesten des Landes, nachdem das Parlament in Islamabad sich dafür ausgesprochen hatte. Der Scharia-für-Frieden-Deal war vor zwei Monaten bereits von der Provinzregierung geschlossen worden. "Das ist ein verzweifelter Versuch eines Ertrinkenden, sich an den letzten Strohhalm zu klammern", kommentierte Ayaz Amir von der Zeitung "Dawn" den Schritt der Regierung. Der Vertrag mit den Taliban im Swat war international auf Empörung gestoßen. Auch in Pakistan äußerten viele die Befürchtung, dass die Taliban den Vertrag für das Swat-Tal und die Umgebung nutzen könnten, um ihren Einfluss im Land weiter auszudehnen. Ein Sprecher der Swat-Taliban kündigte umgehend an, man werde die Sharia nun auch in anderen Teilen Pakistans einführen.


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Diese Furcht scheint sich nun zu bewahrheiten. Auch in Buner, einem Nachbar-Distrikt des Swats, der nur 100 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt liegt, haben sich die Taliban inzwischen festgesetzt. Am Samstag patrouillierte dort ein bedrohlicher Konvoi von zehn Pick-up-Lastern voll beladen mit Taliban-Kämpfern, die ihre Kalaschnikows und Raketenwerfern präsentierten, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Der Korso fuhr von Daggar, im Buner Distrikt, über die Dörfer auf der Autostraße bis nach Mardan, mitten durch ein Armee-Quartier des Punjab-Regiments, ohne von Militär oder Polizei aufgehalten zu werden.

Taliban nähern sich Schlüsselzone

Buner, mit einer Bevölkerung von rund einer halben Million Menschen, "ist kampflos gefallen", schrieb die Zeitung "The News". Mit der widerstandslosen Eroberung von Buner rücken die militanten Kämpfer immer näher zur "Karakorum Highway" vor, dem strategisch und wirtschaftlich wichtigen Zugang nach China. Schon jetzt bedrohen die Taliban die Verbindung nach Afghanistan, über die die Nato ihren Nachschub für den Krieg in Afghanistan bringt. Regelmäßig werden hier Laster angezündet und Menschen umgebracht, die für die Sicherheit der Route sorgen. Von der Karakorum-Straße aus könnten sich die Taliban rasch in den Nordregionen Pakistans um Gilgit und das Bergsteigerparadies mit dem K2 und dem Nanga Parbat ausbreiten.

Ein Handy-Video aus dem Swat-Tal zeigte jüngst, was die Menschen dort erwarten könnte: Ein 17-jähriges Mädchen wurde ausgepeitscht, weil sie angeblich mit einem verheirateten Mann gesehen wurde.