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Der Name Tartaglia bedeutet Stotterer. Wie es zu diesem Namen kam, schildert der Mathematiker (N) im Sechsten Buch der "Quesiti et Inventioni diverse" im Zwiegespräch mit dem Prior von Barletta, Gabriel Tadino (P).
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P: Da ihr nicht wisst, welchen Familiennamen Euer Vater hatte, warum nennt ihr Euch dann Nicolo Tartaglia? N: Ich werde es Euch sagen: Als die Franzosen Brescia plünderten (am 19. und 20. Februar 1512 bei der Wiedereroberung der Stadt, bei der sie ein Blutbad anrichteten), außer dass das Haus (so wenig darin war) ausgeraubt wurde, als ich mit meiner Mutter und meiner Schwester und vielen anderen Männern und Frauen aus unserer Gegend in den Dom von Brescia geflüchtet war, im Glauben, an einem solchen Ort zumindest als Person geschützt zu sein, erwies sich dieser Gedanke als falsch, weil mir in dieser Kirche in Gegenwart meiner Mutter (durch Schwerthiebe eines französischen Soldaten) fünf tödliche Wunden zugefügt wurden, nämlich drei auf den Kopf (dass man in jeder die Gehirnmasse sehen konnte) und zwei im Gesicht, dass ich wie ein Monster aussehen würde, wenn es mir der Vollbart nicht verbergen würde.
Unter ihnen (den Verletzungen) hatte ich eine quer durch den Mund und die Zähne, die mir aus Oberkiefer und Gaumen zwei Teile machte und dasselbe mit dem Unterkiefer. Durch diese Wunde konnte ich nicht nur nicht sprechen, sondern ich konnte auch nicht essen, weil ich weder den Mund noch die Kinnladen auf irgendeine Weise bewegen konnte, weil diese (wie gesagt) gemeinsam mit den Zähnen zertrümmert waren, derart, dass es nötig war, mich mit großer Anstrengung mit flüssiger Nahrung zu füttern. Aber noch mühsamer war für meine Mutter, dass sie gezwungen war, mich mit eigener Hand zu behandeln, da sie nicht die Möglichkeit hatte, die Salben zu kaufen (geschweige denn einen Arzt zu bezahlen), und nicht mit Salben, sondern nur durch oftmalige Reinigung der Wunden, und sie nahm sich ein Beispiel an den Hunden, die sich, wenn sie verletzt sind, nur dadurch heilen, dass sie ihre Wunden mit der Zunge reinigen. Mit dieser Behutsamkeit stellte sie mich innerhalb weniger Monate wieder her.
Als ich sozusagen von dieser und jener Verletzung geheilt war, gab es eine Zeit, wo ich wegen dieser Verletzung quer durch den Mund und die (noch nicht gut befestigten) Zähne die Worte nicht gut aussprechen konnte, weshalb mir die kleinen Buben, mit denen ich mich unterhielt, den Spitznamen Tartaglia (Stotterer) gaben. Und weil mir dieser Zuname lange Zeit blieb, erschien es mir als gutes Andenken an mein Unglück, mich Nicolo Tartaglia nennen zu wollen. P: Wie alt wart Ihr zu dieser Zeit (1512)? N: Ungefähr 12 Jahre.