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"Das Imperium schlägt zurück" - mit diesem geflügelten Wort kündigte Helmut Jasbar gestern vormittag im "Pasticcio" (Ö1) zwar keinen Krieg der Sterne an, aber doch einen Kampf der Stars. Gegenstand der Auseinandersetzung ist die Musik Johann Sebastian Bachs. Sie wurde in den vergangenen 20 bis 30 Jahren von den Protagonisten des Originalklangs in Besitz genommen. Kleine Formationen mit historischen Instrumenten definierten den Bach-Klang des späten 20. Jahrhunderts, und die opulenteren Tonereignisse, die Dirigenten wie Klemperer oder Karajan einst zu inszenieren verstanden, verloren an Attraktivität.
Nun also schlägt das Imperium zurück. Als besonders schlagendes Beispiel führte Jasbar die neuere Einspielung eines Bach'schen Klavierkonzerts vor. Nach den Regeln historischen Musizierens müsste der Solopart auf dem Cembalo gespielt werden. Der amerikanische Großmeister Murray Perahia hält sich an diese Vorgabe nicht: Er spielt Bach mit all den klanglichen Möglichkeiten eines modernen Konzertflügels - ganz wie es die alten Klavierkönige von Ferrucio Busoni bis Edwin Fischer und Rudolf Serkin zu tun pflegten.
Strenge Verfechter des historisch Korrekten werden Perahias Einspielung gewiss verwerfen. Wer aber nicht von Kopf bis Fuß auf Originalklang eingestellt ist, kann ein geflügeltes Wort Bertolt Brechts ins Feld führen: "Es geht auch anders, aber so geht es auch." Aber wie dem auch sei - das Schöne am "Pasticcio" ist jedenfalls, dass es einem am frühen Morgen schon einiges zu denken gibt.