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Täter in den eigenen Reihen

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Typischer Täter ist männlich und aus der Führungsebene. | Manager unterschätzen Gefahr für ihr Unternehmen. | Wien. Durch Wirtschaftskriminalität entsteht den heimischen Unternehmen jährlich ein Schaden in einstelliger Millionenhöhe - die meisten Fälle bleiben aber unentdeckt, sagt Michael Nayer, Forensik-Leiter beim Wirtschaftsprüfer KPMG in Wien.


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Die häufigsten Delikte sind Geld-Diebstahl und Korruption. Die Wirtschaftskrise hat die Zahl der kriminellen Handlungen ansteigen lassen, KPMG verzeichne in den letzten Monaten mehr Aufträge zur Aufklärung von kriminellen Machenschaften in Unternehmen. "Manager stehen unter stärkerem Druck und reizen ihren Handlungsspielraum aus, wobei sie ab und zu Grenzen überschreiten", sagt Nayer. Außerdem hätten Einsparungen dazu geführt, dass weniger Mitarbeiter kontrollieren oder das Kontrollsystem schlecht gewartet wird. Zugenommen haben vor allem Eigentumsdelikte sowie Kick-Back-Zahlungen, bei denen der Einkäufer vom Verkäufer für einen Auftrag eine private Gutschrift bekommt.

Viele Wiederholungstäter

In knapp 90 Prozent der von KPMG bearbeiten Fälle war der Täter unter den eigenen Mitarbeitern, davon waren mehr als ein Drittel seit mindestens drei Jahren im Betrieb beschäftigt - und kannten daher günstige Gelegenheiten sowie schwache Kontrollmechanismen. Motive sind vor allem Habgier und die günstige Gelegenheit zur Tat.

Fünfundachtzig Prozent der Täter sind Männer, der Großteil ist zwischen 36 und 55 Jahre alt. In 91 Prozent der Fälle waren Wiederholungstäter am Werk, jeder Dritte wurde sogar mehr als 50 Mal aktiv.

In 86 Prozent der Delikte waren Führungskräfte involviert, sechzig Prozent der Täter stammten aus dem oberen Management. "In der Hälfte der Fälle führt unsere Tätigkeit sogar zu einem Wechsel in der Geschäftsführung oder im Vorstand", erklärte Peter Ertl, Leiter Risk Advisory Service von KPMG, bei einem Vortrag in Wien. Es gilt, ein richtiges Maß an Vertrauen, aber auch an Kontrolle zu finden: Denn Manager haben viel Verantwortung und Handelsspielraum - dadurch können sie ihre Befugnisse aber auch missbrauchen und Kontrollen außer Kraft setzen.

Nayer rät, als Präventionsmaßnahme das Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern abzulegen: "Vertrauen ohne Kontrolle ist Leichtsinn." Die heimischen Manager glauben offenbar, dass ihr Unternehmen gegenüber Wirtschaftskriminalität immun ist. In einer KPMG-Telefonumfrage geben 56 Prozent der Manager an, dass Wirtschaftskriminalität Firmen schadet. Nur 15 Prozent der Befragten glauben aber, dass Delikte in ihrem Betrieb ein Problem sein könnten. "Ich traue mich zu behaupten, dass es in jedem Unternehmen in irgendeiner Form kriminelle Aktivitäten gibt. Der Unterschied ist lediglich das Ausmaß und die Dimension", sagt Ertl.

Ein Drittel der Fälle wurde erst nach drei bis fünf Jahren aufgedeckt, knapp zehn Prozent der Täter waren länger als fünf Jahre aktiv. Schneller entdeckt werden können Täter mit internen Überwachungssystemen, unangemeldeten Kontrollen sowie einer Whistleblowing-Hotline oder -Box, an die anonyme Hinweise gerichtet werden können.