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Im 17. Jahrhundert wurden Tulpenzwiebeln an der Börse gehandelt.
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Ein paar Tulpen für die Vase oder das Gartenbeet? Kein Problem: Die bunten Frühlingsboten sind heute an jeder Ecke zu haben und kosten auch kein Vermögen. Genau deshalb kann man damit allerdings auch nicht mehr so richtig Eindruck schinden. Das hätte man besser im 17. Jahrhundert versucht, als die Gewächse als kostbare Raritäten galten.
Wohlhabende Gartenbesitzer waren hingerissen von den leuchtenden Blumen, die aus dem Gebiet der heutigen Türkei nach Mitteleuropa gekommen waren. In den Niederlanden brach sogar eine regelrechte Tulpenhysterie aus, die den Pflanzen einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern sollte.
Ein Virus löste die Spekulationsblase aus
Besonders populär waren damals Sorten mit gestreiften Blüten, die sich allerdings kaum gezielt züchten ließen. Denn diese Farbvarianten entstehen durch das Tulpenmosaikvirus, das von Blattläusen übertragen wird und die Zwiebeln befällt. Da das aber damals aber noch niemand wusste, glich die Tulpenzucht einem unberechenbaren Glücksspiel - in dem gewaltige Gewinne winkten. Für ein Exemplar der besonders teuren Sorte Semper Augustus, die mit Streifen in kaiserlichem Purpur aufwarten konnte, soll 1624 der Gegenwert eines Amsterdamer Stadthauses über den Tisch gegangen sein.
Tulpenzwiebeln wurden an der Börse gehandelt und gerieten ins Visier von Spekulanten. Die Preise schienen ins Unendliche zu klettern, bis die Spekulationsblase im Februar 1637 schließlich platzte. Ausgerechnet ein paar harmlose Frühlingsgewächse hatten den ersten gut dokumentierten Börsencrash ausgelöst.
Auch anderen Pflanzen gelang es, den Lauf der Geschichte zu verändern. Besondere Gewächse haben Entdeckungsreisende in neue Welten gelockt. Mit ihrer Hilfe wurden aus kleinen Ländern Supermächte. Auf diese verlockende Möglichkeit spekulierte jedenfalls im 15. Jahrhundert der portugiesische Königssohn Heinrich der Seefahrer. Er wollte einen Seeweg zu den Gewürzen Asiens erforschen lassen.
Denn mit Pfeffer und Nelken, Zimt und Muskat konnte man sich damals eine goldene Nase verdienen. Für solche exotischen Genüsse aus dem fernen Asien wurden in Europa astronomische Preise gezahlt. Auf dem Landweg ging die kostbare Ware allerdings durch die Hände von indischen, persischen, arabischen, türkischen und venezianischen Zwischenhändlern, die einen guten Teil des Profits einstrichen. Ganz abgesehen von den hohen Zöllen, die beim Transport durch das Osmanische Reich fällig wurden. Beide Probleme gedachte Heinrich der Seefahrer durch eine neue Route um Afrika herum zu umschiffen.
Seine Geduld wurde auf die Probe gestellt. Wer nach Asien wollte, musste zunächst das Kap des Schreckens an der Nordwestküste Afrikas bezwingen. Diese unwirtliche Region südlich der Kanarischen Inseln aber war damals der Alptraum jedes Kapitäns: widrige Winde, gefährliche Felsen und Sandbänke, häufiger Nebel. Und wer konnte wissen, was sich südlich des Kaps verbarg, an dem alle Seekarten endeten? Vielleicht verwandelte sich das Meer dort ja tatsächlich in ein kochendes Inferno, wie es die Gerüchte behaupteten. Man raunte auch von einer gnadenlosen Sonne, deren Strahlen die menschliche Haut komplett schwarz brannten.
Pfeffer, Zimt und die Gewürzinseln Südostasiens
Seit 1422 waren die portugiesischen Kapitäne mindestens 15 Mal an diesem unheimlichen Kap gescheitert, bis Gil Eanes es 1434 schließlich umsegeln konnte. Und auch danach ging es mit der Erkundung der afrikanischen Westküste nur langsam voran. Die Portugiesen hatten noch nicht den Äquator erreicht, als Heinrich der Seefahrer 1460 starb. Erst eine Expedition unter dem Kommando von Bartolomeu Dias erreichte 1488 die Südspitze Afrikas, zehn Jahre später kamen schließlich die Schiffe seines Landsmannes Vasco da Gama an der indischen Malabarküste an. Voll beladen mit kostbaren Gewürzen kehrten sie in die Heimat zurück. Damit waren die Portugiesen am Ziel ihrer Träume. Gut ein Jahrhundert lang kontrollierte das kleine Land am Atlantik den Gewürzhandel und wurde zu einer der führenden Nationen dieser Epoche - dem Pfeffer sei Dank.
Dann allerdings drängten Briten und Holländer den portugiesischen Einfluss mehr und mehr zurück. So etablierte sich die Britische Ostindien-Kompanie vor allem in Indien mit seinen wertvollen Pfeffer- und Zimtbäumen, die Niederländische Ostindien-Kompanie kontrollierte die Gewürzinseln Südostasiens. Die Konkurrenz zwischen beiden Nationen war erbittert. Handelsstreitigkeiten, bei denen es unter anderem um den Preis von Muskatnüssen ging, eskalierten mehrfach zu bewaffneten Konflikten. Einer dieser Englisch-Niederländischen Kriege endete 1667 mit dem Frieden von Breda.
Bei der Gelegenheit einigten sich die Kontrahenten auf ein heute kurios wirkendes Tauschgeschäft. Die Holländer bekamen die von den Briten entdeckte Insel Run - ein drei Kilometer langer und einen Kilometer breiter Fleck Erde im heutigen Indonesien, der den Niederländern das Muskat-Monopol sicherte. Die Briten erhielten im Gegenzug die viel größere Insel Manhattan in der Mündung des nordamerikanischen Hudson-Flusses: Wegen ein paar Muskatnussbäumen heißt das Gebiet nicht mehr "Nieuw Amsterdam", sondern New York.