Warum der französische Plan, aus der Eurozone eine Art Staat zu machen, scheitern wird.
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Mit einem kühnen Plan wartete nun Frankreichs Präsident François Hollande auf. Mit für sein Land nicht untypischer großer Geste forderte er die Errichtung einer gemeinsamen Regierung und eines gemeinsamen Parlaments für alle Euroländer; also im Grunde eine Fusion der Staaten. Die sechs Gründungsmitglieder der einstigen EWG, setzte sein Premier Manuel Vals nach, sollten als "Avantgarde" dieses Projekt so schnell wie möglich angehen.
Wirtschaftlich hätte so ein Sprung in Richtung europäischer Kernstaat vermutlich einen gewissen Sinn; dass eine Währungsunion ohne politische Union erhebliche Risiken in sich birgt, haben die vergangenen Jahre ja deutlich gezeigt. Schon der deutsche Einheitskanzler Helmut Kohl bezeichnete eine Währungsunion ohne politische Union als Unding, was den Verdacht nahelegt, dass er zweitere durch erstere erzwingen lassen wollte. Was ja heute die bekannten Probleme macht (dass Frankreich, dessen Staatsfinanzen mehr als zerrüttet sind, ein massives Eigeninteresse an einer solchen Budgetunion hätte, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt).
Hollandes Plan hat nur ein kitzekleines Problem: Er wäre in der Praxis nur durchsetzbar, wenn die französische und die deutsche Regierung sich ein neues Volk suchen. Denn in Deutschland erforderte eine derart weitreichende Integration, die ja mit einer weitgehenden Entmachtung des Parlaments verbunden wäre, entsprechend dem Grundgesetz eine Volksabstimmung - und dass die positiv ausginge, erwarten wohl nicht einmal radikale Optimisten.
Das gilt - unter Umständen sogar noch mehr - auch für Frankreich, wo schon seinerzeit die Euro-Abstimmung nur knapp positiv ausging, während eine klare Mehrheit in einem späteren Plebiszit (2005) den Europäischen Verfassungsvertrag ablehnte. Was Hollande vorschlägt, ist also theoretisch elegant, praktisch aber auf absehbare Zeit eine Nullnummer. Ein handfester Beitrag zur Beseitigung jener Konstruktionsmängel, die den Euro seit seiner Gründung plagen, ist es also eher nicht.
Bleibt die Frage: Was tun? Da weder eine Rückabwicklung der Eurozone noch ein nonchalanter Verbleib im Status quo als wirklich erstrebenswert erscheinen, bietet sich als wenig visionäre, wenig originelle und wenig innovative Möglichkeit an, die Regeln des seinerzeitigen Maastricht-Vertrags, in dem unter anderem die zulässigen Staatsschulden und Budgetdefizite für die Euroländer festgelegt wurden, sozusagen neu aufzusetzen und so zu gestalten, dass sie auch durchgesetzt werden, und zwar für Frankreich genauso wie für Portugal.
Der Fiskalpakt von 2012 sollte dies zwar sicherstellen, wird aber in der Praxis ausgehebelt, Frankreich hatte 2014 ein Defizit von 4 Prozent.
Dass der Euro heute in einer etwas misslichen Lage ist, liegt ja nicht zuletzt daran, dass der Maastricht-Vertrag in den vergangenen zehn Jahren öfter gebrochen wurde als das bei Hochzeiten übliche Treuegelübde, begonnen übrigens 2004 ausgerechnet von Deutschland und kurz darauf Frankreich.
Ihn konsequent durchzusetzen, wird angesichts der latenten Neigung großer Staaten, Verträge zu brechen, wenn es in ihrem Interesse ist, nicht leicht sein. Aber politische Luftschlösser sind keine taugliche Alternative zu diesem harten Weg.