Die im Vorjahr eingeführte Studienplatzbeschränkung an der TU Wien hat den Fachkräftemangel noch verschärft, kritisiert die Wirtschaftskammer.
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Wien. Seit dem Sommer des Vorjahres gibt es aufgrund der Studienplatzbeschränkung an der Technischen Universität Wien um etwa 700 Aufnahmeplätze weniger als früher. Nun sind es nur noch 581. Das habe den Fachkräftemangel in der IT-Branche weiter verschärft, kritisierte Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (Ubit) der Wirtschaftskammer, am Dienstag. Aktuell seien rund 5000 IT-Stellen unbesetzt. Mehr als 80 Prozent der Absolventen haben laut einer Analyse des Kärntner Instituts für Höhere Studien und wissenschaftliche Forschung innerhalb eines Monats einen Job.
Die IT-Branche fordert daher, die Studienplätze wieder aufzustocken - wohl auch angesichts der Tatsache, dass die Studienplatzfinanzierung kurz vor der Umsetzung steht. Denn Tatsache sei, dass eine Studienplatzbeschränkung die hohe Drop-out-Rate von mehr als 50 Prozent an allen Technischen Universitäten und von bis zu 60 Prozent an der TU Wien nicht reduziere. Sie führe allein dazu, dass es insgesamt weniger Absolventen gebe.
Und das, obwohl die Nachfrage der Studien im Bereich Informatik in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sei, wie der IT-Berufsgruppensprecher der Ubit Martin Zandonella sagte. Konkret hätten 2011 insgesamt 1585 Bachelor Studierende ein Informatikstudium begonnen, 2015 seien es bereits 2228 gewesen. An den Universitäten entspreche das einem Anstieg von mehr als 40 Prozent innerhalb von vier Jahren, an den Fachhochschulen von 18 Prozent.
Jeder Zweite bricht das Studium im ersten Jahr ab
Weniger als die Hälfte aller Informatikstudenten studiert an einer FH, der Großteil an der Universität. Die Anzahl der FH ist allerdings höher: Österreichweit ist die Tertiäre Informatikausbildung an zehn öffentlichen Universitäten und zwölf Fachhochschulen möglich.
Warum es zwar mehr Studienanfänger gibt, aber noch immer rund jeder Zweite in den ersten beiden Semestern das Studium abbricht - an den FH ist die Dropout-Rate geringer als an den Unis -, kann sich Harl auch nicht erklären. Grundsätzlich tendierten all jene, die nicht von einer HTL kommen, eher dazu, das Studium abzubrechen und in eine komplett andere Branche zu wechseln.
Zugangsbeschränkungen seien jedenfalls der falsche Weg, dem entgegenzuwirken. Zudem müsste es begleitende Maßnahmen geben, wie etwa jene, das IT-Studium für Frauen attraktiver zu gestalten. Derzeit seien nur 17,2 Prozent der Studierenden weiblich.
Das alles kostet freilich Geld. Der TU Wien etwa seien aufgrund der zu geringen Mittel die Hände gebunden, wie es heißt, und das Wissenschaftsministerium hat ein begrenztes Uni-Budget, das es je nach Leistungsvereinbarung verteilt. Die Digital Roadmap, die Digitalisierungsstaatssekretärin Muna Duzdar und Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer in der Vorwoche präsentierten, deutet jedenfalls ein mögliches Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um 50 Milliarden Euro bis 2030 und 80.000 bis 100.000 neue Jobs allein im Informations- und Kommunikationstechnikbereich an. "Ohne die notwendigen gut ausgebildeten Absolventen aus dem Bereich der Informatik werden diese Ziele nicht realisierbar sein", so Harl, der sich eine Ansprechperson für seine Belange wie einen IT-Minister wünschen würde.