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Tauziehen um Stresstests für Europas AKW

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Kommissar Oettinger legt sich mit Atomlobby an. | Großes Feilschen um die Testkriterien. | Brüssel. Erst kommenden Donnerstag wird sich zeigen, ob die von den Staats- und Regierungschefs vereinbarten Stresstests für die 143 europäischen Atomkraftwerke ihrem Namen gerecht werden. Wie berichtet wird die offizielle EU-Expertengruppe der 27 Atomsicherheitsbehörden (Ensreg) dann gemeinsam mit der EU-Kommission die Kriterien für die Überprüfungen festlegen.


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Jene 14 Länder, die AKW betreiben, haben ihre Vorstellungen bereits über ein Konzeptpapier des Verbands der Westeuropäischen Atomsicherheitsbehörden (Wenra) ausrichten lassen. Darin beschränken sie sich im Wesentlichen auf die Überprüfungen von möglichen Auswirkungen von Naturkatastrophen auf die Reaktorsicherheit. Schließlich heißt es in den EU-Gipfelbeschlüssen, dass die Tests "im Lichte der Lektionen des Unfalls in Japan" durchgeführt werden sollen. Das AKW Fukushima hatte einem verheerenden Erdbeben standgehalten, ein Tsunami dann aber die Stromversorgung lahmgelegt. Die Folge war die schlimmste Atomkatastrophe seit Tschernobyl. Da ihre Ursache aber eine Naturkatastrophe war, will sich die Wenra bei den Stresstests gerne auch darauf beschränken.

Energiekommissar Günther Oettinger sieht das ein wenig anders und beruft sich auf den Vermerk in den Gipfelbeschlüssen, dass die Überprüfungen "umfassend" sein sollen. Daher möchte er auch testen lassen, ob die Meiler Flugzeugabstürze und Terroranschläge überstehen würden. Dem schließen sich wohl auch einige Ensreg-Vertreter an - Österreich, Griechenland und Irland gelten als Fixstarter. Auch Deutschland will möglichst strenge Tests. Frankreich hat dagegen bereits klargemacht, dass es aus Gründen der inneren Sicherheit unmöglich sei, Terroranschläge zu simulieren und dann die Ergebnisse zu veröffentlichen.

Die lückenlose Veröffentlichung der Stresstestergebnisse stärkt Oettinger den Rücken. Zudem dürfen nicht nur die Betreiber ihre Kraftwerke selbst testen. Die Aufsichtsbehörden müssen einschreiten und die Ergebnisse dann mit den Kollegen aus den anderen Ländern austauschen. Dabei könne nicht auf bereits vorliegende Testresultate zurückgegriffen werden, hieß es in Kommissionskreisen. Sollten die Testmodalitäten zu lasch ausfallen, winkt Oettinger bereits mit einer Verschärfung der aktuellen EU-Atomsicherheitsrichtlinie.