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Studie: Technik-Entzug löst Fressattacken, Ängste und Nervosität aus. | Bournemouth. Wenn Caroline (25) in der Früh aufsteht, wirft sie zuerst einen Blick auf ihr Handy. Finden sich dort keine neuen Nachrichten, wird der PC angeworfen und Facebook überprüft. Während der erste Kaffee in der Küche durch den Filter läuft, hat Caroline bereits drei Nachrichten beantwortet und einmal "Gefällt mir" zum Bild eines Freundes gesagt. Am verschneiten Weg zur Arbeit begleiten sie sommerliche Töne aus dem MP3-Player.
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Caroline ist eine von vielen jungen Studenten, deren Medienkonsumverhalten Forscher der Universität Maryland und der Salzburg Academy on Media and Global Change in der sogenannten Unplugged-Studie unter die Lupe nehmen. Zielgruppe sind Studenten aus Europa, Asien, Afrika sowie Nord- und Südamerika. Können junge Menschen von heute überhaupt noch ohne die gewohnten Informations- und Kommunikationskanäle auskommen? Bereits im vergangenen Jahr führte der Journalismus-Dozent Roman Gerodimos der Universität Bournemouth, der den britischen Teil der Studie betreut, ein 24-stündiges Experiment der "Technik-Askese" mit 530 seiner Studenten durch. Seine Ergebnisse ließen aufhorchen: "Die Studenten berichten von Entzugserscheinungen, Fressattacken, Nervosität und dem Gefühl, isoliert und abgehängt zu sein. Sie wissen nichts mehr mit ihrer Zeit anzufangen", so der britische Wissenschafter. Was wäre eine derartige Erkenntnis, gäbe es nicht bereits einen griffigen Namen für das Problem: Information-Deprivation-Disorder (Informationsmangel-Störung). Damit werden all jene physischen und psychischen Zustände bezeichnet, die durch die Reduktion oder das Absetzen von medialem Konsum entstehen können.
Während die meisten der getesteten Studenten bereits nach wenigen Stunden über Einsamkeitsgefühle und Frustration klagten, waren bei manchen auch positive Entwicklungen sichtbar. So mancher war begeistert, zum ersten Mal einen Roman gelesen zu haben.
Der Studie wird in Fachkreisen ihre kurze Dauer von 24 Stunden vorgeworfen, mit ein Grund, warum die Experimente in Salzburg und Maryland ausgeweitet werden. Neue Ergebnisse werden im Frühjahr erwartet. Ob Caroline sie dann als Facebook-Post lesen wird?