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Der Bechtel-Konzern aus dem kalifornischen San Francisco ist der größte Engineering-Konzern der Welt. Als US-Generalunternehmen im Irak macht Bechtel an vorderster Front Geschäfte mit dem Wiederaufbau des Landes. Und zählt zu den zehn wichtigsten Unterstützern der republikanischen Partei von Präsident George W. Bush.
Per Eilverfahren und unter Ausschaltung des Parlaments hat Rumänien den US-Konzern mit dem Autobahnbau von Brasov nach Oradea im Osten des Landes beauftragt. Der Auftrag im Wert von knapp drei Mrd. Euro wurde ohne öffentliche Ausschreibung vergeben.
Die 415 Kilometer lange Autobahn ist Teil der Straßenverbindung Bukarest-Budapest und das derzeit größte Autobahnprojekt in Europa. Es soll den Westen des Kontinents mit dem Schwarzen Meer verbinden. Das Projekt ist eines der "Transeuropäischen Netze" (TEN), für die die EU insgesamt 400 bis 500 Mrd. Euro veranschlagt hat. Öffentliche Ausschreibungen seien ein Schlüsselelement im Kampf gegen Korruption, ließ denn auch Erweiterungskommissar Günter Verheugen Rumänien wissen. Die Kommission blockiert vorerst jegliche finanzielle Unterstützung für den inkriminierten Auftrag.
Die schleppende Reform der öffentlichen Verwaltung im Allgemeinen und die anhaltende Korruption im Besonderen zählen zu den größten Problemen in dem jungen NATO-Land, zumal im Hinblick auf den für 2007 angepeilten EU-Beitritt. Trotz nationalem Aktionsplan und Anti-Korruptionsbehörde bleibe die Bestechlichkeit "ein Problem, das die Rechtsstaatlichkeit untergräbt, die wirtschaftlichen Reformen und Entwicklungen einschränkt und eine Hauptrolle bei der Abzweigung von ausländischen Direktinvestitionen spielt", so Verheugen unverblümt.
Was der deutsche Kommissar, der als neuer "Superkommissar" für die EU-Wirtschaftspolitik gehandelt wird, nicht erwähnte: Deutschland hatte großes wirtschaftliches Interesse am rumänischen Autobahnbau. Allerdings hatte Berlin vergeblich eine Umleitung der Streckenführung durch das deutschsprachige Minderheitengebiet um Sibiu (Hermannstadt) verlangt.
Beitrittsdatum 2007 "irreal"?
Neben dem Korruptionsproblem will die Bukarester Regierung auch die umstrittene Regelung zur Adoption von Kindern lösen. Die EU ihrerseits möchte den Überwachungsmechanismus über die Fortschritte im Land verstärken. Dass die Beitrittsverhandlungen nicht schon im Dezember dieses Jahres abgeschlossen, sondern um ein Jahr länger dauern könnten, hat Brüssel bereits durchblicken lassen.
SPÖ-EU-Spitzenkandidat Hannes Swoboda hält das Beitrittsdatum 2007 für "irreal". Im Unterschied zu Bulgarien — das im gleichen Jahr beitreten möchte und inzwischen besser abschneide (26 fertige Verhandlungskapitel von 31, Rumänien: 22) — "wissen wir über Rumänien zu wenig". Swoboda rechnet daher "nicht vor 2009" mit dem rumänischen Beitritt. Gut möglich, dass auch eine allfällige Regierungskrise im Gefolge der Parlamentswahlen Ende November zur Verzögerung beiträgt. n