Zum Hauptinhalt springen

Teheran fordert Trump heraus

Von Michael Schmölzer

Politik

Iran reichert laut IAEA Uran weit höher als erlaubt an: Der Atom-Konflikt spitzt sich weiter zu.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien/Teheran/Washington. Im Atomstreit zwischen dem Iran und den USA gehen beide Seiten ohne Rücksicht auf Verluste in die Offensive. Am Mittwoch drohte Washington damit, weitere Sanktionen gegen Teheran zu verhängen. Der Iran schlägt zurück und reichert eine größere Menge Urans höher an, als laut Atomabkommen erlaubt ist. Damit setzt Teheran seine Vertragspartner unter Druck und heizt gleichzeitig einen gefährlichen Konflikt im Mittleren Osten weiter an.

Dabei steht der Iran wirtschaftlich längst mit dem Rücken zur Wand. Die Maßnahmen der USA, die man in Teheran mit dem 2015 geschlossenen Atomdeal überwunden glaubte, treffen die einfachen Menschen hart. Dazu kommt die hausgemachte Korruption. Die Inflation und die hohen Preise machen den Menschen im Land das Leben schwer.

In dieser Situation gießen die fanatischen iranischen Revolutionsgarden mit aggressiver Rhetorik Öl ins Feuer. Ein Kommandeur der Elitetruppe meinte zuletzt, dass die US-Militärstützpunkte und die Flugzeugträger im Mittleren Osten in Reichweite iranischer Raketen lägen. "Unsere Raketen werden ihre Flugzeugträger zerstören, wenn sie einen Fehler machen", so der Kommandant.

US-Präsident Donald Trump hat sich ebenfalls nicht um verbale Zurückhaltung bemüht und dem Iran mit der Vernichtung gedroht. Das ist freilich nicht das Ziel Washingtons. Hier will man den 2015 vereinbarten Atomdeal, der verhindern soll, dass sich Teheran Atomwaffen aneignet, wieder aufschnüren und durch einen nach Trumps Auffassung weit besseren Deal ersetzen.

Entwicklung macht vorallem Israel nervös

Um den Atomdeal ging es am Mittwoch bei einer Sondersitzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Hochrangige Diplomaten aus 35 Ländern versuchten, den Konflikt zu entschärfen. Die Frage war, ob das Atomabkommen irgendwie noch zu retten ist. Teheran hat dabei jede Art der Änderung strikt zurückgewiesen. Man wolle nur über das sprechen, "was im Atomdeal steht (. . .) kein Wort mehr, aber auch kein Wort weniger", so Außenamtssprecher Abbas Mussavi.

Dabei hat der Iran als Reaktion auf den Ausstieg der USA aus dem Vertrag längst damit begonnen, mehr Uran anzureichern als vereinbart ist. Dabei handelt es sich um eine deutliche Steigerung, wie gestern klar wurde: Die IAEA stellte fest, dass der Gottesstaat Uran auf 4,5 Prozent anreichert - eine bedeutsame Steigerung. Laut Abkommen sind 3,67 Prozent erlaubt. Außerdem, so die IAEA, verfügt der Iran nun über 213,5 Kilogramm an angereichertem Uran. Ebenfalls ein Verstoß, laut Atomdeal sind nur 202,8 Kilo erlaubt.

Diese Entwicklung macht vor allem Israel nervös. Teheran hat in der Vergangenheit öfter als ein Mal mit der Vernichtung des jüdischen Staates gedroht - Ankündigungen, die man in Tel Aviv Ernst nimmt. Premier Benjamin Netanyahu, der sich Neuwahlen stellt und der politisch um sein Überkleben kämpft, droht den Mullahs unmissverständlich. Bei der Besichtigung eines Luftwaffenstützpunktes meinte der Israeli, der Iran "sollte sich daran erinnern, dass diese Flugzeuge jeden Ort im Nahen Osten erreichen können, den Iran eingeschlossen, und ganz gewiss Syrien".

Netanyahu hat wiederholt klar gemacht, dass ein Angriff auf den Iran eine Option für Israel sei, um den Bau einer Atombombe zu verhindern. In der Vergangenheit soll er einen derartigen Angriff bereits angeordnet haben, allerdings verweigerten die israelischen Militärs den Gehorsam.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen entsteht an der Straße von Hormus, einer direkt vor dem Iran gelegenen Meerenge, ein weiterer Gefahrenherd. Nachdem es dort zu diffusen Angriffen auf Tanker gekommen ist, streben die USA eine internationale Militärkoalition an, um Handelsschiffe zu schützen. Das Pentagon hat dazu bereits einen Plan entworfen, in einigen Wochen soll feststehen, welche Länder sich dem Bündnis anschließen.

Washington macht den Iran für die Attacken auf Schiffe im Mai und Juni verantwortlich - Teheran will damit aber nichts zu tun haben.

Die USA wollen laut Plan nicht selbst Schiffe entsenden, sondern die Alliierten mit Daten ihrer Nachrichtendienste - also logistisch - unterstützen. Die Verbündeten stellen die Militärschiffe, die die Frachter künftig eskortieren sollen.

Schon im Juni hatte US-Außenminister Mike Pompeo angekündigt, ein Bündnis gegen den Iran schmieden zu wollen. Diese Allianz solle nicht nur die Golfstaaten, sondern auch Asien und Europa einbeziehen. Der interimistische US-Verteidigungsminister Mark Esper hat das Thema beim letzten Nato-Treffen angesprochen - er soll auf wenig Resonanz gestoßen sein. Der US-Sondergesandte für den Iran, Brian Hook, weist nachdrücklich darauf hin, dass die Gefährdung der Schifffahrt nicht nur die Golfstaaten, sondern auch europäische und asiatische Verbraucher treffe.