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Teheran im Atomstreit auf Crashkurs Iran hat gute Gründe für Gelassenheit

Von Arian Faal

Analysen

Mit der Ablehnung des westlichen UN-Kompromissangebots (wirtschaftliche Anreize gegen Suspendierung der Urananreicherung) geht die Führung Irans ein weiteres Mal bewusst den Weg der "NoFear"-Politik und der Konfrontation. Teheran hat den Westen wochenlang warten lassen (das sogenannte Wiener Angebot stammt vom 6. Juni!), um dann doch nur mit der Forderung nach weiteren Verhandlungen zu antworten.


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Die Mullahs gingen sogar noch einen Schritt weiter: Sie ließen just in den Tagen, wo die westliche Welt - noch von der Libanonkrise gebeutelt - zumindest in Sachen Iran auf eine "friedliche, vernünftige Lösung" (Zitat: Kofi Annan) hoffte, den Westen eiskalt abblitzen und unterstrichen ihre Haltung mit aufwendigen Manövern, die die Stärke des Gottesstaates demonstrieren sollen.

Diese Gelassenheit ist keineswegs unbegründet. Erstens hat der Iran in den letzten Monaten stets hoch gepokert und nie verloren. Wohl wissend, dass die UN-Vetomächte China und Russland (beide wirtschaftlich eng mit Teheran verbunden) militärischen Maßnahmen nie zustimmen würden, gelang es den Persern immer wieder, Zeit zu gewinnen und endlose diplomatische Missionen zu zelebrieren, die etwaige Strafsanktionen zumindest aufgeschoben haben.

Ein weiterer Joker von Irans selbstbewusstem Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad war die Solidarisierung mit der Hisbollah im Libanonkonflikt. Innerhalb der letzten Wochen festigte der Gottesstaat seine regionale Vormachtstellung, indem er im gesamten arabischen Raum glaubhaft demonstrierte, dass der Iran ein verlässlicher Partner der Hisbollah-Miliz ist. Andere, arabische Staaten in der Region, die sich auf Grund ihrer politischen Nähe zu den USA mit solch einer Solidarisierung eher zurückgehalten hatten, mussten infolge des Drucks der Bevölkerung den Parolen Teherans "nachhumpeln".

Letztlich wurde auch immer wieder die sogenannte Ölkeule ins Spiel gebracht, um zu unterstreichen, dass der viertgrößte Rohöllieferant sehr wohl Schaden anrichten könnte, falls der Westen "unüberlegte" Schritte unternimmt.

Dass die Mullahs selbst aber genauso verletzlich sind, wird heruntergespielt. Diesmal können die anderen UN-Vetomächte und Deutschland den bisherigen Iran-Freunden Moskau und Peking nämlich die provokante Crash-Taktik Teherans auf einem größeren Sanktionstablett präsentieren. Um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren, müssten Russland und China auch mitziehen und allenfalls politische und wirtschaftliche Sanktionen mittragen.

Der UN-Sicherheitsrat steht allerdings vor einem Dilemma. Nachdem das Pulverfass Naher Osten bereits übergelaufen ist, könnte mit einer zunehmenden Eskalation in der Iranfrage auch noch eine Explosion folgen, deren Ausmaße und Konsequenzen weit über die Region hinaus reichen würden. Deshalb kann Teheran auch weiterhin gelassen sein. Seite 5