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Strategisches Ziel sind Nuklearwaffen, taktische Mittel sind Drohgebärden, den Preis setzt das blockierte Geschäft mit Erdöl.
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Das Erdölembargo schmerzt den Iran, weil an die 80 Prozent seiner Exporterlöse von diesem Schmiermittel der Weltwirtschaft stammen. Allerdings blockiert China nicht, weil es ein Zehntel seines Erdöls aus dem Iran bezieht. Das verringert dessen Exportverluste auf 60 Prozent. Doch der Iran kontert gelassen: Die Devisenreserven stünden bei 115 Milliarden Euro, also spekulierten die Blockierer vergeblich auf die politische Sprengkraft einer wachsenden Arbeitslosigkeit.
Alles graue Theorie? Warum schalten dann die 38 staatseigenen Öltanker ihre GPS-Kennung ab, um unerkannt an irgendwelchen Häfen ihre Fracht vielleicht sogar zu Dumpingpreisen loszuschlagen? Glaubt der Iran tatsächlich, seine Tanker könnten den scharfen Augen der Satellitenüberwachung entgehen oder er könne mit Raketentests die Aufmerksamkeit der Welt ablenken?
Die Bedeutung dieser Tests mit Raketen von Reichweiten bis zu 2000 Kilometer strich der Iran mit der Feststellung heraus, dass er die stärkste Raketenmacht des Orients sei. Dieser Wink galt Israel, das soeben ein neuer Anwurf aus der antisemitischen Kloake getroffen hat: "Die Zionisten" steuerten den globalen Drogenhandel, damit grassierende Drogensucht die nichtjüdischen Gesellschaften zerfresse.
Seit April kontert Israel mit erfolgreichen Tests von Abfangraketen. Wirksame Abschreckung dürften in Deutschland gekaufte U-Boote sein, von denen drei mit Atomraketen bestückt werden könnten. Gingen diese im Persischen Golf auf Tauchstation, so würde es für den Iran ungemütlich. Auch denkt Israel laut über einen Luftangriff auf Irans Nuklearindustrie nach, den Strategen allerdings als logistisch höchst riskant einstufen.
Der Iran hat die militärischen Mittel zur Sperre der Straße von Hormus. Das träfe die Welt hart, denn ein Fünftel des Weltbedarfs an Erdöl passiert diese Meerenge auf dem Weg aus dem Golf zu den Märkten. Deshalb sichert die 5. US-Flotte den freien Schiffsverkehr durch dieses Nadelöhr. Teheran kennt natürlich das Risiko einer Sperre und taktiert psychologisch: Hinterbänkler im iranischen Parlament dürfen eine Sperre "androhen", die Regierung aber wartet die Reaktionen der aufgeschreckten Welt ab, um dann entsprechend dosiert zu agieren.
Teherans bewährtes Operationsfeld für politische Taktik ist das Atomprogramm zur Urananreicherung, die zum Bau von Atombomben nötig ist. Soeben endete wieder eine Verhandlungsrunde ergebnislos. Einmal lässt Teheran Inspektionen seiner Atomanlagen zu, einmal nicht. Und stets klammert es bestimmte Bereiche aus. Am Fortgang dieses Katz-und-Maus-Spiels lässt sich jedoch abschätzen, wie hart das Erdölembargo und bisher politisch kaum nachhaltige Handelsbeschränkungen wirken. Dabei spielt auch das Verhalten Moskaus und Pekings eine beträchtliche Rolle. Wladimir Putin qualifizierte Irans Atomprogramm als "ernsthafte Gefahr", China bewertete es als "extremen Akt gegen den Willen der Weltgemeinschaft". Die Frage lautet daher, welchen Preis Teheran bezahlen will, um von der Raketen- zur Atommacht aufzusteigen.