Die iranischen Hilfslieferungen nach Syrien werden nach der jüngsten gescheiterten Waffenruhe noch einmal intensiviert.
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Dass die Waffenruhe in Syrien halten würde, daran haben nicht einmal die größten Optimisten geglaubt. Doch die Folgen sind einmal mehr verheerend für die Zivilbevölkerung. Es mangelt an allen Grundgütern des Alltags und an medizinischem Equipment. Während die UNO nach einem tödlichen Luftangriff auf einen Hilfskonvoi in Syrien vorerst alle ihre Hilfslieferungen in das Bürgerkriegsland stoppt, stockt der Iran seine Hilfe gerade jetzt demonstrativ auf: Sowohl die Hisbollah, Teherans militärischer Arm zur Sicherung der iranischen Interessen im Libanon und in Syrien als auch das umstrittene Regime von Langzeitmachthaber Bashar al-Assad würden "jede notwendige Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus" erhalten. Das gab der iranische Vize-Außenminister Hossein Jaberi-Ansari in dieser Woche unmissverständlich zu verstehen. Da die Beziehungen zwischen dem Iran und Syrien auf gemeinsamen Ansichten basieren würden, sei dies völlig legitimiert, erklärte der Diplomat nach einem Treffen mit Assad.
Letzterer sitzt nach wie vor fest im Sattel, weil die Perser direkt und indirekt über die Hisbollah alles zur Verfügung stellen, was er so dringend zum politischen Überleben braucht: Hilfsgüter, militärisches Gerät, Waffen, Finanzspritzen und Sondereinheiten, die der maroden syrischen Armee unter die Arme greifen. Dass Assad im Gespräch mit Ansari den jüngsten Luftschlag der US-geführten Koalition gegen die syrische Armee nahe der Stadt Deir ez-Zor als Aggression, die im Interesse der Terrormiliz Daesh ("Islamischer Staat") liege, kritisierte, ist da wohl als flehentlicher Hilferuf an die iranische Führung zu werten.
Regionale Interessen
Was erwartet sich Teheran von dieser kostspieligen Rückendeckung? Es ist gewiss nicht nur "Freundschaft zum Assad-Regime". Es geht um geostrategische Interessen und die Rolle der Perser als regionale Keyplayer und als Gegenpart zu Israel und Saudi-Arabien. Die Hisbollah ist somit komplett dafür verantwortlich, die iranischen Interessen in der Region zu wahren. Wie auch immer sich die Lage in Syrien weiterentwickelt, Iran und Hisbollah wollen - gemeinsam mit Moskau - um jeden Preis sicherstellen, dass an der Küste Syriens ein schiitischer - in diesem Fall alawitischer - Staat erhalten bleibt. Deshalb wird dieses Gebiet mit allen Mitteln gegen sämtliche "Feinde" verteidigt: Rebellengruppen etwa oder Kämpfer der sunnitischen Nusra-Front.
Ein neues "Hilfspaket" des Iran vom September 2016 wurde zu diesem Zweck bereits von oberster Stelle, nämlich vom Obersten Geistlichen Führer Ayatollah Ali Khamenei persönlich, genehmigt: Geld, technisches Know-how (Abhörgeräte, Telefonkoppelungssysteme usw.), Ausbildungstools für die Soldaten und die Hilfestellung der Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, die Al-Quds-Brigaden, sind darin beinhaltet. Zudem wurde angeordnet, dass die iranischen Streitkräfte und die Revolutionsgarden die jährlichen gemeinsamen Stabstreffen mit der syrischen Armee intensivieren und mehr gemeinsame Truppenübungen abhalten.
Bei all den Unterstützungsoperationen federführend agiert der iranische General Qasem Soleimany. Er hatte 2012 damit begonnen, regelmäßig nach Damaskus zu fliegen und die Kräfte dort zu orchestrieren. "Die syrische Armee ist nutzlos", soll er geschimpft haben. Mittlerweile agieren laut Geheimdienstberichten viele Teile der syrischen Armee unter der Aegide des gefürchteten Iraners. Das Credo lautet: Ohne den Iran geht in Syrien, aber auch in der Region rein gar nichts.
Der Iran hat seit Beginn des blutigen Bürgerkrieges in Syrien mehrere Milliarden Dollar investiert, damit sich Assad hält. Nach dem Ende der internationalen Isolation nach dem Atomdeal mit dem Westen sichert sich Teherans Führung auch regional eine Schlüsselrolle zu und bietet dem Erzrivalen Saudi-Arabien die Stirn.