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Teileinigung bei ÖBB-Dienstrecht

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Gestern abend kam es beim ÖBB-Dienstrecht zu einer Teileinigung. So kann die Gewerkschaft Entlassungen künftig nicht mehr verhindern. Gravierende Änderungen gibt es im Zuge der ÖBB-Reform auch innerhalb des Unternehmens. Die Infrastruktur wird in Betrieb und Bau AG geteilt. Die Betrieb AG muss die Erhaltung und Verwaltung der Strecken gewährleisten. Diese sollen wie eigene Produkte vermarktet werden.


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Alfred Zimmermann ist Herr über die gesamte Bahninfrastruktur. Nach der Teilung bleibt ihm das bestehende Streckennetz, denn der ÖBB-Vorstand geht davon aus, dass er künftig die Betrieb AG leiten wird. Neubauten werden von der Bau AG durchgeführt. Unter Zimmermanns Fittichen werden rund 20.000 Mitarbeiter stehen, davon 8.000 Bauarbeiter. Nach welchem Gehaltsschema diese entlohnt werden, sei noch unklar. Denn im Zuge der Verhandlungen zwischen ÖBB-Spitze und Gewerkschaft über das Dienstrecht soll auch ein Kollektivvertrag für Bahnbedienstete entstehen. Bei der gestrigen Verhandlungsrunde kam es zu einer Einigung über zwei Punkte, hieß es aus dem Verhandlerteam. Die Gehaltsfortzahlung im Krankenstand wird wie bei ASVG-Versicherten geregelt und soll 12 Mill. Euro einsparen. Weiters soll das Vetorecht der Gewerkschaft bei Entlassungen der Vergangenheit angehören. Keinen Konsens gibt es über die Reduktion der automatischen Gehaltsvorrückungen und über den schwierigsten Brocken, die Neuregelung der Arbeits- und Ruhezeiten. Laut EU muss das Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz künftig auch für die ÖBB gelten. Die Gewerkschaft warnt jedoch, dass dies Mehrkosten von 200 Mill. Euro verursachen werde.

Zimmermann geht davon aus, dass die Bauaktivitäten nicht geteilt werden und unter seine Führung kommen. Für seinen Bereich hat er konkrete Vorstellungen: Einzelne Strecken werden wie eine eigene Gesellschaft behandelt. Für jede Tätigkeit wie etwa der Halt am Bahnhof oder der Verschub eines Zuges werden die Kosten ermittelt. Danach kann mit der Vermarktung der Strecke begonnen werden. 200 gibt es und für jede soll eine Person verantwortlich sein. Zimmermann hält nichts von zentraler Lenkung, die bisher üblich war. Dabei ist für den Infrastrukturstrategen klar, dass nicht jede Strecke gleich teuer sein wird. So müssen Bahnen etwa auf der Westbahnstrecke mit höheren Preisen für die Trasse rechnen, als jene auf weniger heiß begehrten Strecken. Auch die Zeit wird eine Rolle spielen. In der Hauptverkehrszeit wird die Trasse künftig teurer sein, als in der Nacht. Wenig begehrte Nebenstrecken werden günstig zu haben sein. Zimmermann hofft hier auf die Initiative und Kreativität kleiner privater Bahnbetreiber.

Derzeit bekommt die Infrastruktur vom Bund nur einen Pauschalbetrag, der dieses Jahr rund 340 Mill. Euro ausmacht und bis 2007 auf 450 Mill. Euro ansteigt. Damit könnten die Kosten niemals abgedeckt werden, bestätigt Zimmermann. In Zukunft werden die Besteller von Leistungen, wie Bund oder Länder, tiefer in die Taschen greifen müssen, um den Fehlbetrag zwischen Benützungspauschale und Kosten auszugleichen. Unrentable Strecken - als solche wurde die Koralmbahn von Bahnexperten immer bezeichnet - müssten auch in Zukunft von der öffentlichen Hand finanziert werden.