Hochegger bleibt bei "nicht schuldig", Ex-Oranger Wittauer will auspacken.
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Wien. Normalerweise ist es genau umgekehrt. In den beengten Sälen des Grauen Hauses drängen sich bei wichtigen Prozessen die Medienvertreter Seite an Seite mit Gerichtskiebitzen - und beneiden die Angeklagten um jeden Zentimeter Luft.
Nicht so am Donnerstag. Richter Michael Tolstiuk hat das "Telekom-IV"-Verfahren rund um die 960.000-Euro-Zahlung aus der Telekom über zwei Werbeagenturen an das BZÖ im Wahlkampf 2006 mit dem "Telekom-III"-Verfahren um mutmaßliche Finanzierung der FPÖ zusammengelegt. Damit stehen zehn Angeklagte gleichzeitig vor Gericht. Obwohl der Prozessauftakt im Großen Schwurgerichtssaal stattfand, drängten sich die Angeklagten derart, dass ein Tisch dazugeschoben werden musste. Im großzügigen Zuschauerraum hatten die Journalisten, flankiert von Stefan Petzner (BZÖ) und dem Grünen Werner Kogler, indes freie Platzwahl.
Verzögert wurde der Prozessbeginn durch eine Antragsflut. So forderten einige der Verteidiger, die beiden Verfahren wieder auseinanderzudividieren, was Tolstiuk ebenso abwies wie den Antrag von BZÖ-Anwalt Alexander Scheer nach einem Privatbeteiligten-Anschluss. Wie berichtet, hat Staatsanwalt Hannes Wandl beantragt, das BZÖ zur Zahlung von 640.000 Euro zu verurteilen, Scheer argumentierte, dass die Angeklagten damals keine maßgeblichen BZÖ-Vertreter waren und es sich daher um eine "nicht gewollte Bereicherung" gehandelt habe. Daher wolle man sich an den Angeklagten schadlos halten. Für Tolstiuk eine "in sich unschlüssige Begründung", im Fall des Falles müssen also die Orangen selbst zahlen.
Trotz rasender Geschwindigkeit brauchte Wandl locker 40 Minuten, um die komplizierte Anklageschrift zu erläutern. Die Telekom wollte die für sie ungünstige Universaldienstverordnung (UDVO) geändert wissen, was im Herbst 2006 auch geschah - wie Ex-Vorstand Rudolf Fischer aussagte, ersparte sich das Unternehmen dadurch zehn Millionen Euro jährlich. Dafür war man, laut Wandl, bereit, dem BZÖ (Verkehrsminister war damals der Orange Hubert Gorbach) eine Million im Wahlkampf zu sponsern.
Über den nunmehrigen Kronzeugen Gernot Schieszler und den Lobbyisten Peter Hochegger sei das Angebot an den Tiroler BZÖ-Mandatar Klaus Wittauer herangetragen worden, der es daraufhin an die Agentur des Werbers Kurt S. (720.000 Euro) und jene der Werberin Tina H. (240.000 Euro) verteilt habe. Letzteres sei für den Persönlichkeitswahlkampf der damaligen Justizministerin Karin Gastinger ausgegeben worden, nach deren Rückzug aus der Politik kurz vor der Wahl habe H. das übrige Geld (200.000 Euro) an S. zurückgegeben. Beide Agenturen hätten von der Telekom vorgefertigte Scheinrechnungen gelegt, die Fischer unterschrieben habe. Als Tina H. zögerte, sei sie von Gastingers Pressesprecher Christoph Pöchinger dazu angehalten worden, die Rechnung zu legen. Fischer, Hochegger, Wittauer, die beiden Werber und Pöchinger müssen sich daher wegen Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu verantworten. Arno Eccher, dem Ex-Geschäftsführer der Agentur Orange, wirft Wandl Geldwäsche vor, weil die damals angeschlagene Agentur aufgrund eines im Wahlkampf 2006 geschlossenen Rahmenvertrags und auf Betreiben von Eccher 320.000 Euro von S.’ aus den Telekomgeldern erhalten habe.
Hochegger: "Habe mit der ganzen Sache nichts zu tun"
Hochegger, der für die Telekom als Verbindungsmann zu allen Parteien fungiert hat und erstmals als Beschuldigter vor Gericht steht, bekannte sich nicht schuldig. Er wird zwar erst heute befragt, meinte aber zu Journalisten, er habe im Zusammenhang mit der UDVO weder einen Auftrag noch Geld von der Telekom bekommen. "Ich habe mit der ganzen Sache nichts zu tun." Sein Anwalt Karl Schön betonte, Hochegger sei zu dieser Anklage gekommen "wie der Pontius ins Credo". Und: Er "war für die Telekom ein Lobbyist in jeder Richtung, aber das ist keine Tätigkeit, die anrüchig ist oder die man strafrechtlich verfolgen muss."
Während sich auch Eccher, S. und Pöchinger nicht schuldig bekennen, sorgte Wittauers Anwalt Ewald Scheucher für eine Überraschung: Entgegen den bisherigen Beteuerungen werde er sich nun schuldig bekennen. Sein Mandant habe Hochegger "auf einen kleinen Braunen im Landtmann" getroffen und mit ihm die Zahlungen vereinbart. Allerdings sei er kein "Geldverteiler" gewesen. Dass die Gelder BZÖ-intern unter "das Geld vom Klaus" firmierten, habe er deswegen zugelassen, weil es ihm geschmeichelt habe. Detailliert wird sich Wittauer heute zu den Vorwürfen äußern.
Schuldig wird sich auch Werberin H. bekennen. Ex-Vorstand Fischer, mittlerweile Dauergast im Landl, wurde als Einziger bereits am Donnerstag befragt. Er bekennt sich sowohl der Untreue als auch der falschen Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss nicht schuldig. Ja, er habe die Scheinaufträge unterschrieben, allerdings "ung’schaut", ohne zu wissen, was dahintersteckte.