Betriebsrat hat Differenzen beigelegt. | Molterer: Telekom-Vorschläge erwartet. | Wien. Die Telekom Austria (TA) steht vor Problemen: Im ersten Halbjahr hat der Konzern weniger verdient, überdies muss er in technische Umstellungen investieren. TA-Vorstand Boris Nemsic, der kommenden Montag das unter Kundenschwund leidende Festnetz von dessen bisherigen Chef Rudolf Fischer übernimmt, muss die Ärmel hochkrempeln: Gesucht ist eine Strategie mit Zukunft.
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"Alle Möglichkeiten sind offen", meint ein hochrangiger TA-Mitarbeiter zur "Wiener Zeitung". Gemeint sind nahezu alle Schattierungen aus der Palette von Einsparungen durch den Abbau von 3000 Festnetz-Mitarbeitern bis zum Verkauf von Staatsanteilen. ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hielt sich am Mittwoch in Alpbach bedeckt: Vorstand und Aufsichtsrat hätten ihre Strategien darzulegen. Die Politik werde die Anregungen aufnehmen - "und nicht umgekehrt".
Hinzu kommt die von der Belegschaftsvertretung neu entfachte Debatte um einen strategischen Partner. Sie zeigt die Zerrissenheit im Konzern, der zwei Strukturen zu vereinen hat: Auf der einen Seite steht das Festnetz, das technische Neuerungen vornehmen muss, im Zuge derer laut Management beamtete Mitarbeiter überflüssig würden. Von den 9600 Festnetz-Mitarbeitern sind laut Personalvertretung rund 6000 Beamte.
Mobiler Ertragsbringer
Auf der anderen Seite steht der profitable und nach wie vor expansive Marktführer Mobilkom (A1). Er könnte laut Personalvertretung jährlich 200 bis 300 zusätzliche Mitarbeiter brauchen und hat prozentual weniger Beamte und eine höhere Personalfluktuation. Entsprechend hat die Mobilkom im ersten Halbjahr einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro und ein Betriebsergebnis von 347,5 Millionen Euro hingelegt - das Festnetz nur 1,043 Milliarden Euro Umsatz und ein Betriebsergebnis von 53,2 Millionen Euro.
Aus Anlass der Halbjahreszahlen haben sich die TA-Betriebsräte über die Medien einen Schlagabtausch geliefert. Konzern-Betriebsratschef Michael Kolek hatte angeregt, die TA solle aus einer Position der Stärke heraus noch vor der Konsolidierungswelle (siehe oben) einen strategischen Partner suchen. A1-Betriebsratschef Werner Luksch war dagegen: Kollege Kolek könne als Betriebsrat der TA AG ohne Votum der Konzerngremien nicht für alle 12.000 Beschäftigten sprechen, sondern nur für das Festnetz. Mit einer halben Milliarde Jahresüberschuss brauche die TA keinen strategischen Partner. Kolek replizierte, ihm ginge es vor allem um den Mitarbeiterschutz.
In einer vierstündigen Sitzung haben sich die TA-Betriebsräte am Dienstagabend zu einer einheitlichen Linie durchgerungen - gemäß den Gewerkschaftsbeschlüssen: "Der Staat bleibt drin, mit mindestens 25 Prozent und einer Aktie", sagte Luksch am Mittwoch zur "Wiener Zeitung". Demnach könne die Staatsholding ÖIAG vom 27,4-prozentigen Anteil maximal 2,4 Prozent verkaufen.
Wie immer die künftige Strategie aussieht: Zu lösen ist die Frage der Technologiekonvergenz. Im Internet, ursprünglich eine Festnetz-Domäne, hat das Festnetz Marktanteile an das mobile Breitband verloren. Würden die vorhandenen Kupfer-Leitungen flächendeckend durch Glasfaser-Leitungen ersetzt - womit große Datenmengen schnell übertragen werden können - könnte das Festnetz wieder aufholen. Kostenpunkt laut TA: eine Milliarde Euro. Es sei denn, die TA öffnet ihre Leitungen für andere Betreiber, die dann beim Netzausbau mitzahlen müssten. Da die TA aber alleinigen Zugriff auf ihre Netze will, plädiert sie derzeit auf Regulierungsssicherheit.
Telekom-Experte Klaus Friesenbichler vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo sieht die Vorteile einer solchen Investition. "Man muss die Chancen insgesamt erkennen, die Auswirkungen auf die Wirtschaft. In Ländern, wo das Glasfasernetz ausgebaut ist, haben sich durch die hohen Übertragungsraten andere, vorgelagerte Branchen entwickelt, in Südkorea etwa eine ganze Wettindustrie."