Waffenstillstand mit ÖIAG.
| BDO-Prüfer sehen Verdacht gegen frühere Telekom-Vorstände erhärtet.
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Wien. Die Hauptversammlung der Telekom Austria Group am Mittwoch in der Wiener Stadthalle war gut besucht, aber keineswegs ausverkauft. Wer einen Showdown zwischen dem gewieften und mediengewandten Telekom-Investor Ronny Pecik und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Markus Beyrer erwartet hatte, wurde enttäuscht. Denn angekündigte Revolutionen finden nicht statt. Vor Beginn der Versammlung begrüßte Beyrer den hyperaktiven Großaktionär Pecik, der wochenlang im Mittelpunkt der Telekom-Medienberichterstattung stand, mit breitem Lächeln und festem Handschlag - es wirkte wie ein Waffenstillstand. Danach wurde Pecik vor Publikum als Aufsichtsratskandidat begrüßt.
Doch der Investor, der mit seinen Partnern rund 21 Prozent an der Telekom hält und 800 Millionen Euro dafür flüssigmachte, musste knapp dreieinhalb Stunden in der ersten Reihe fußfrei warten, bis ihm das Wort erteilt wurde.
Und er bewies wieder einmal ein besonderes Maß an geschäftlicher Intelligenz: Keine Marathon-Rede, kein Rundumschlag, keine Abrechnung, keine Schuldzuweisung - ans Rednerpult trat Ronny Pecik, der "unglaubliche Österreich-Patriot". Und er warf sich für Österreich, die Telekom-Austria, die ÖIAG und für die kritisierte Aufsichtsrätin Edith Hlawati in die Bresche. "Ich habe alles über den Haufen geworfen, was ich hier sagen wollte. Ich stehe mit meinen Finanzpartnern hinter dem Unternehmen, das man weiterentwickeln muss", sagte der Kernaktionär. "Geben wir den Telekom-Mitarbeitern wieder ihren Stolz zurück." Nachsatz: "Die Telekom Austria ist eine dieser unterbewerteten Industrieperlen. Ich muss das so sagen, da ich 800 Millionen Euro investiert habe." Kreditverträge in Höhe von rund 640 Millionen Euro würden seine Unterschrift tragen. Zugleich dementierte er, "Wahlredner der ÖIAG" zu sein, auch wenn man einen solchen Eindruck gewinnen konnte.
"Telekom unterbewertet"
"Ich sehe das Ganze nur realistisch. Ohne ÖIAG wäre es nicht möglich, dass die 750-Millionen-Euro-Anleihe platziert wurde, die dreifach überzeichnet ist", sagt Pecik. "Herr Beyrer und ich werden in diesem Leben keine Freunde mehr werden, aber wir haben eine sehr professionelle Basis, nur der Beginn war rumpelig." Auch findet er, dass Beyrers Stellvertreterin, die Anwältin Edith Hlawati, eine sehr gute Anwältin ist und im Aufsichtsrat der Telekom bleiben soll, obwohl ihre Kanzlei als Berater für die Telekom tätig ist.
"Pecik hat Kreide geschluckt", meint Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger zur "Wiener Zeitung". Indes ist Peciks Fazit nach der Hauptversammlung: "Die Telekom ist bei Weitem unterbewertet." So lag der Aktienkurs am Mittwochnachmittag bei 7,85 Euro pro Aktie. Peciks Privatstiftung übte am 17. Oktober und am 25. November 2011 sogenannte Call-Optionen aus, heuer wurde weiter aufgestockt. Die Frage ist, ob Pecik bisher mehr Geld pro Aktie eingesetzt hat, als die Aktie derzeit wert ist.
Zum Korruptionsskandal bei der Telekom sagt Pecik: "Man muss damit leben, die Vergangenheit aufarbeiten, aber mit der Vergangenheit auch abschließen. Für die Fehler, die gemacht wurden, dafür haben wir ein Rechtssystem in diesem Land".
Indes kritisiert Aktionärsvertreter Rasinger den Aufsichtsrat dafür, dass dieser die Forensiker des deutschen Wirtschaftsprüfers BDO mit einer "Sonderprüfung" beauftragt habe. Zum Teil überprüfte das 32-köpfige BDO-Team Sachverhalte, die schon zuvor der Mitbewerber Deloitte ans Tageslicht gebracht hatte, und kam zu denselben Ergebnissen: nämlich zu dubiosen Zahlungen an drei Beratungsunternehmen. "Die in der Öffentlichkeit bereits bekannten Vorwürfe gegen ehemalige Vorstandsmitglieder und ehemalige leitende Mitarbeiter als bekannter Täterkreis haben sich erhärtet", so BDO-Prüfer Markus Brinkmann. Auch soll es eine "erkennbare Bevorzugung eines bestimmten Lieferanten bei Vergaben durch einen Ex-Technik-Manager der Telekom" gegeben haben sowie "gezielte Preisnachverhandlungen zwecks Bevorzugung eines bestimmten Lieferanten bei zwei Investitionen durch zwei Technik-Mitarbeiter". Und eine Beraterhonorarzahlung in Sachen Behördenfunk sei laut Prüfer ein Fall für den Staatsanwalt.