Brüssel für mehr Wettbewerb. | EU-Regulator geplant. | Brüssel. Die EU-Kommission will für mehr Wettbewerb auf den europäischen Telekommärkten sorgen. Kernpunkte ihrer umfassenden Reformvorschläge, deren Entwürfe der "Wiener Zeitung" vorliegen, sind die Schaffung einer gemeinsamen EU-Regulierungsagentur und eines neuen Werkzeugs für die nationalen Regulierungsbehörden.
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Um den fairen Zugang von Mitbewerbern zu den Netzen der großen Konzerne sicherstellen zu können, sollen sie die "funktionelle Separation" verlangen dürfen; das heißt, die organisatorische Trennung von Netzbetrieb und zum Beispiel Internet-Diensten der Ex-Monopolisten. Per Veto-Recht wünscht sich die Brüsseler Behörde das letzte Wort über nationale Regulierungsmaßnahmen. Noch vor der Vorstellung des Paktes am kommenden Dienstag gab es einen Sturm der Entrüstung bei den Telekomanbietern und den nationalen Regulatoren.
Das Konzept der funktionellen Separation erinnert an die Anstrengungen der EU-Kommission, jene Energiekonzerne aufzuspalten, die sowohl produzieren und verkaufen als auch ein Fernverteilnetz besitzen.
Brüssel will das
letzte Wort haben
Allerdings wird von den Telekomfirmen keine eigentumsrechtliche Trennung verlangt. Und die Maßnahmen sollen nur im Falle "anhaltender schwerwiegender Wettbewerbsprobleme oder Marktversagens" verordnet werden dürfen.
Was das bedeutet, will letztinstanzlich die EU-Kommission bestimmen. Sie will die nationalen Regulatoren verpflichten, nur mit ihrer Zustimmung zu handeln.
Die neue Idee lässt nicht nur die ehemaligen Monopolisten erschauern, auch innerhalb der Kommission wurde sie lange als kontraproduktiv abgelehnt. Die Maßnahme könnte den Telekommarkt sogar schädigen, hieß es aus dem Umfeld von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes: Der Marktzugang für Mitbewerber würde dadurch nicht gewährleistet, Investitionen eher gehemmt. Redings Leute verwechselten den Telekomoffenbar mit dem Energiemarkt, hieß es. Dabei gebe es gravierende Marktunterschiede, erläutert ein Brancheninsider anhand der österreichischen Situation: Der ehemalige Monopolist, die Telekom Austria, betreibt zwar letztinstanzlich den überwiegenden Anteil der schnellen ADSL-Internetverbindungen. 26 Prozent des Internet-Marktanteils läuft jedoch längst über das Konkurrenznetz von Kabel-TV, und 25 Prozent werden bereits über Funk aus dem weltweiten Netz gesaugt - Tendenz stark steigend.
Kritik an zu teurer
Super-Behörde
Kritik gibt es auch an der geplanten European Electronic Communications Market Authority (EECMA). Sie soll den bisherigen Dachverband der nationalen Regulatoren ERG ersetzen und die gleichmäßige Umsetzung der EU-Gesetze für einen effizienteren Binnenmarkt fördern. Wenn die nationalen Regulatoren irrten, soll die EECMA Expertisen liefern und etwa Frequenznutzungrechte auf EU-Ebene verwalten. 110 Mitarbeiter will Brüssel dafür abstellen, 22 Mio. Euro sollen der neuen Agentur im Jahr überwiesen werden.
Eine "unnötige Aufblähung" der europäischen Bürokratie mit einem "weit überzogenen Budget", urteilt Georg Serentschy, Chef der österreichischen Regulierungsbehörde RTR.