Telekom fordert insgesamt 35 Millionen Euro Schadenersatz von den Beteiligten in den Verfahren.
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Wien. Dass es mit den Urteilen von Freitag nicht getan ist, war klar. Denn kaum hatte Richter Michael Tolstiuk die Urteile im Telekom-III-Verfahren um die mutmaßliche verdeckte Parteispende der Telekom an die FPÖ über die Agentur Gernot Rumpolds verlesen, meldete dessen Anwalt Markus Singer Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an. Doch ein derartiges Berufungsfeuerwerk war nicht zu erwarten.
Zur Erinnerung: Am Freitag hat Tolstiuk die ersten Urteile wegen Untreue (oder Beitrags dazu) in einem Parteienfinanzierungsprozess rund um die Telekom gesprochen. Rumpold wurde zu drei Jahren unbedingter Haft, Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer ebenfalls zu drei Jahren, davon aber nur sechs Monate bedingt, verurteilt. Sie müssen zudem gemeinsam die Schadenssumme von 600.000 Euro plus vier Prozent Zinsen an die Telekom zurückzahlen. Prokurist Michael G. erhielt 30 Monate, davon drei unbedingt, Ex-FPÖ-Geschäftsführer Arno Eccher wurde vom Vorwurf der Untreue freigesprochen, ihm brummte Tolstiuk aber fünf Monate bedingt wegen falscher Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss auf. Straffrei kam Ex-FPÖ-Finanzreferent Detlev Neudeck davon, er war nur wegen Untreue angeklagt. Von der FPÖ will der Staat die Schadenssumme abschöpfen.
Staatsanwalt Harammer sowie alle Anwälte außer Singer erbaten sich am Freitag drei Tage Bedenkzeit, diese ist in der Nacht auf Dienstag abgelaufen. Doch bereits am Nachmittag erfuhr die "Wiener Zeitung" aus der Staatsanwaltschaft, dass Harammer gegen alle Urteile (bis auf jenes gegen die FPÖ) Rechtsmittel angemeldet hat. Die Begründung: Man habe über das Wochenende zu wenig Zeit gehabt, die Urteile ausgiebig zu prüfen, daher wolle man das schriftliche Urteil abwarten. Ab Zustellung hat die Staatsanwaltschaft vier Wochen Zeit, die Rechtsmittel auszuführen, dann könne man immer noch überlegen, ob man auf das eine oder andere verzichte. Insgesamt sei es schwierig, zu beurteilen, ob das Strafmaß passe, da es keine vergleichbaren Fälle gebe, hieß es.
Eccher meldet Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an
Mit der Berufung der Staatsanwaltschaft dürfte klar sein, dass auch die Anwälte der anderen Verurteilten berufen werden. Der Verteidiger von Michael G., Eduard Salzborn, war nicht erreichbar, ebenso wenig Fischers Rechtsbeistand Otto Dietrich. Martin Dohnal, der Eccher vertritt und sich am Freitag noch erfreut darüber gezeigt hatte, dass sein Mandant vom Hauptvorwurf der Untreue freigesprochen wurde, meldete am Montag jedenfalls Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an. Denn im Beweisverfahren habe es "keinen einzigen Hinweis darauf gegeben, dass mein Mandant eine falsche Zeugenaussage getätigt hat", so Dohnal.
Bis zur Rechtskraft der Urteile wird also noch einige Zeit vergehen - und damit auch bis zu dem Zeitpunkt, wo die Telekom zumindest einen Teil ihres Geldes zurückbekommt. "Insgesamt geht es um 35 Millionen Euro an Forderungen", sagte Generaldirektor Hannes Ametsreiter am Rande der Telekom-Bilanzpressekonferenz. Aus dem Verfahren um den Kurssprung 2004, der Managerboni in Millionenhöhe zur Folge hatte, hat die Telekom zehn Millionen Euro zugesprochen bekommen, allerdings muss man hier ebenso auf die Rechtskraft der Urteile warten, wie nun im FPÖ-Verfahren. 960.000 Euro will der Konzern im Verfahren um die Zahlung ans BZÖ zurück, 500.000 im Prozess gegen Ex-Marketing-Chef Stefan Tweraser. Im - noch nicht zur Anklage gebrachten - Telekom-VI-Verfahren rund um die Firma Valora des Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger fordert das Unternehmen zehn Millionen Euro zurück. "Wie viel wir erreichen können, wird auch in der nächsten Hauptversammlung ein Thema sein, das ist aus heutiger Sicht noch nicht absehbar", sagte Ametsreiter.
Telekom in Zahlen
Der Nettogewinn der Telekom Austria Group (Österreich plus die Auslandstöchter) legte im ersten Halbjahr um 33,5 Prozent auf 108 Millionen Euro zu, das Betriebsergebnis (Ebit) um 5,8 Prozent auf 223,3 Millionen Euro. Ein Einbruch beim operativen Geschäft von A1 konnte durch ein Sparprogramm von 75 Millionen Euro aufgefangen werden. Insgesamt will man heuer 100 Millionen Euro einsparen, um das Minus im operativen Geschäft in Österreich und Bulgarien einzugrenzen. Der Personalstand wurde um 2,6 Prozent reduziert - vor allem in Bulgarien, aber auch in Österreich. Mit der Übernahme des Discounters "Yesss!" (eine Tochter des mittlerweile aufgekauften Orange) wurden 23 Millionen Umsatz erwirtschaftet.
Zu den Übernahmegerüchten rund um den mexikanischen Großaktionär Carlos Slim und dessen Firma America Movil, die derzeit 22,76 Prozent an der Telekom hält, sagte Generaldirektor Hannes Ametsreiter am Montag: "Wir können die Absichten unserer Shareholder nicht kommentieren."