Thema "Compliance" für Unternehmen immer wichtiger.
| Mehr Transparenz bei Einladungen und Geschenken, Distanz zur Politik.
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Wien. Nach Monaten in den Schlagzeilen wegen zahlreicher Unstimmigkeiten rund um Jagdeinladungen, dubiose Lobbying-Deals, angebliche Wahlkampffinanzierung und anderes mehr tritt die Telekom Austria die Flucht nach vorne an. Neue Benimm-Regeln sollen dafür sorgen, dass künftig alles weitgehend korrekt abläuft. In Zusammenhang mit Geschenken und Einladungen wird mehr Transparenz hergestellt, zu Politik und Behörden geht das teilstaatliche Unternehmen etwas auf Distanz.
"Es kann niemand garantieren, dass es hinterher kein Fehlverhalten gibt, wir wollen aber alles machen, um es zu verhindern", meint Martin Walter, der seit November für das Thema "Compliance" (unternehmerisches Wohlverhalten) in der gesamten Telekom-Gruppe verantwortlich ist. Ein konkreter Schritt erfolgte Anfang dieser Woche, als der Konzernvorstand drei interne Richtlinien in Kraft gesetzt hat, die den Umgang mit Geschenken und Einladungen, Beratung und Lobbying sowie Sponsoring, Spenden und Werbung regeln sollen.
Vorgesehen ist, dass akzeptierte oder gewährte Geschenke den Wert von 100 Euro pro Quartal und Geschäftspartner nicht überschreiten dürfen. Allerdings gibt es hier einen Ermessensspielraum: "Würde dieser Wert überschritten, ist das Geschenk höflich abzulehnen. Wenn die Ablehnung nicht angemessen erscheint, ist vom Vorgesetzten die Genehmigung einzuholen und zu dokumentieren", lautet die Regel. Damit soll zumindest eine gewisse Transparenz sichergestellt werden. Geschenke an "Amtsträger" sind nicht erlaubt. Damit sind laut Walter alle Personen gemeint, die letztlich ihr Gehalt vom Staat beziehen.
100 Euro pro Quartal
Auch bei Geschäftsessen gilt die Grenze von bis zu 100 Euro pro Geschäftspartner im Quartal. Das Gewähren von Einladungen zu Veranstaltungen ohne jeglichen geschäftlichen Charakter ist zulässig. Wird dabei die 100-Euro-Grenze überschritten, ist allerdings eine Genehmigung durch den Vorstand oder durch die Geschäftsführung notwendig. Werden Amtsträger zu Veranstaltungen eingeladen, "bei welchen der geschäftliche Charakter nicht eindeutig im Vordergrund steht", muss der betroffene Amtsträger schriftlich bestätigen, dass er mit einer Teilnahme nicht gegen Gesetze oder geltende Richtlinien verstößt.
Events von politischen Parteien oder Behörden wird die Telekom künftig nur sponsern, wenn eine entsprechende öffentliche Breitenwirkung gegeben ist und der politische Charakter nicht im Vordergrund steht. Notwendig ist auf alle Fälle eine Vorstandsgenehmigung. Geld- oder Sachspenden an Einzelpersonen, politische Parteien oder deren Vorfeldorganisationen werden nicht gewährt. Beratungs- und Lobbyingaufträge für mehr als 100.000 Euro müssen vom Vorstand oder der Geschäftsführung beschlossen werden, bei geringeren Summen ist die Unterschrift eines Vorstandes und eines Prokuristen nötig. Vertragspartner sollen genau überprüft werden, die Leistungserbringung muss "jederzeit nachvollziehbar", sein.
Thema bei Beförderungen
Die Richtlinien sollen sämtlichen Konzernmitarbeitern durch eine halbstündige Computerschulung nähergebracht werden, wobei es laut Walter im zweiten Halbjahr eine weitere Schulung geben wird. Der Manager, der zuvor zwei Jahre lang die Compliance-Abteilung der Deutschen Telekom geleitet hat, betont jedoch, dass mehr notwendig sein werde, als einfach nur drei Richtlinien herauszugeben. Längerfristig gehe es auch darum, "Werte" - und einen entsprechenden Integritätsanspruch - zu verankern. So soll darauf bei Personalbestellungen und Beförderungen ein Augenmerk gelegt werden. Falls es doch zu Fehlentwicklungen kommt, soll es Mitarbeitern erleichtert werden, entsprechende Hinweise abzugeben.
Walter erklärt, dass Compliance in Unternehmen allgemein erst in den 1980er und 90er Jahre an Bedeutung gewonnen hat. Grund dafür seien große Skandale gewesen. Heute sei das Thema nicht mehr wegzudenken. Wichtig sei, dass das Top-Management signalisiere, dass im Zweifelsfall das Wohlverhalten wichtiger sei als der kurzfristige wirtschaftliche Erfolg.
"Umfeld des Vertrauens"
Übrigens hat auch die Bank Austria vor kurzem mit Oliver Schütz einen neuen Compliance-Chef erhalten. "Die Bedeutung von Compliance ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden", so Bank-Austria-Chef Willibald Cernko in einer Aussendung. "Wir verstehen unter Compliance nicht nur die bloße Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen, sondern wollen vor allem ein Umfeld des Vertrauens schaffen."