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Telekom will 20 Millionen Euro von Abkassierern eintreiben

Von Kid Möchel

Politik

Koalition will Anfütterungsverbot verschärfen.|Telekom-Boss Ametsreiter denkt nicht an Rücktritt - und hofft auf schwarze Zahlen.


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Wien. Die Telekom Austria Group, die durch die mutmaßliche Korruptionsaffäre um Peter Hochegger & Co. und eine angebliche Aktienkursmanipulation früherer Vorstände ihr Image mittlerweile im Keller suchen muss, versucht, wieder etwas Boden zu gewinnen.

Wie es die Gesetzeslage verlangt, fordert der Telekom-Vorstand unter Hannes Ametsreiter jetzt von jenen "Nutznießern" Geld zurück, bei denen den Zahlungen keine entsprechenden Leistungen gegenüberstehen.

"Wir werden Rückforderungen in Höhe von rund 20 Millionen Euro überall dort machen, wo wir eine juristische Möglichkeit sehen, und wir haben 20 Strafanzeigen und Privatbeteiligtenanschlüsse im Strafverfahren eingebracht", sagte Ametsreiter anlässlich der Präsentation der dunkelroten Bilanz 2011. "Mit dem heutigen Tag haben wir auch Michael Fischer beurlaubt." Fischer, eine Art Außenbeauftragter ("Head of Public Affairs") der Telekom und früherer Organisationsreferent der ÖVP, wird in der Telekom-Affäre durch ein Bündel von E-Mails belastet - im Zusammenhang mit dem Schnorren von Sponsorgeldern und etwaigen Gefallen für ÖVP-nahe Personen. Mit dieser Beurlaubung will Ametsreiter "niemandem etwas vorwerfen", aber es sei eine Optik entstanden, deren Ursache einer näheren Prüfung bedürfe. Von den 20 Millionen Euro, die Ametsreiter von den "Nicht-Leistungserbringern" einfordern will, entfällt etwa die Hälfte auf die Profiteure des mutmaßlich erschlichenen Stock-Options-Programms, das satte Gewinne einbrachte. Unter anderem soll Ex-Telekom-Finanzvorstand Gernot Schieszler, der sich den Strafverfolgern als Kronzeuge angedient hat, einer der Strippenzieher bei der angeblichen Kursmanipulation der Telekom-Aktie gewesen sein. Etwa neun Millionen Euro entfallen auf 16 Einzelaufträge der Firma Valora um den Lobbyisten Peter Hochegger, der für die Telekom jahrelang fragwürdige Handlangerdienste ausführte.

Trotz der massiven Skandalisierung seines Konzerns und den forschen Plänen der Telekom-Investoren-Gruppe um Ronny Pecik und Naguib Sawiris, die dem Vernehmen nach kein Hehl aus ihrer Abneigung gegen das alte TelekomManagement machen, will der Telekom-Boss seinen Sessel derzeit nicht räumen. "Nein, ich habe über einen Rücktritt nicht nachgedacht. Der Skandal, der uns beschäftigt, wurde in bester Kooperation mit der Staatsanwaltschaft bewältigt", stellte Ametsreiter trocken fest. "Ich fühle mich sehr gut. Ich glaube, dass wir das Richtige getan haben." Nachsatz: "Es gibt kein politisches Sponsoring und kein politisches Lobbying mehr." Auch müssen künftig Beträge ab hundert Euro vom Vorstand freigegeben werden.

Tiefrote Zahlen

Indes präsentierte die Telekom Austria Group am Donnerstag keine Erfolgsgeschichte, sondern dunkelrote Zahlen. Der Konzernumsatz 2011 sank im Vergleich zum Geschäftsjahr 2010 um 4,2 Prozent auf 4,454 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) schrumpfte um 7,2 Prozent auf 1,527 Milliarden Euro. Infolge drehte sich das Nettoergebnis von plus 195,2 Millionen Euro auf minus 252,8 Millionen Euro.

"Wir sehen das Geschäftsjahr 2011 mit gemischten Gefühlen und haben einige Brocken zu verdauen", kommentiert Ametsreiter die schiefe Lage. Vor allem die Restrukturierungskosten in Österreich (Personalabbau) und das geschäftliche Abenteuer in Weißrussland (Währungsabwertung, Hyperinflation) belasten "als Einmal-Effekte" das Ergebnis massiv. So schlugen sich der Restrukturierungsaufwand in Sachen nicht kündbares Personal im Vorjahr (234 Millionen Euro) und die Werthaltigkeitsprüfung/Impairment (248 Millionen Euro) mit insgesamt 482 Millionen Euro in der Bilanz zu Buche. Rund 50 Millionen Euro sind auch heuer für den weiteren Personalabbau eingeplant. Etwa 300 Mitarbeiter sollen 2012 und 2013 das Unternehmen mit einem finanziellen Polster verlassen, im Vorjahr waren es 400. Insgesamt wurden für den Personalabbau rund 888 Millionen Euro Rückstellungen gebildet. Laut Telekom-Finanzvorstand Hans Tschuden ist das Personal bei den weiteren Sparmaßnahmen und der Kostenreduktion ein Thema. "Wenn es notwendig ist, müssen wir unsere Personalsituation anpassen", sagte Tschuden. Das gelte für alle Märkte. Derzeit beschäftigt die Telekom mehr als 17.000 Mitarbeiter, davon rund 9300 Personen in Österreich. Doch dem Kapitalmarkt habe man im Geschäftsjahr 2011 genüge getan. "Insgesamt haben wir die Erwartung des Kapitalmarkts getroffen", meint Tschuden. Der Kurs der Aktie lag am Donnerstagnachmittag leicht im Plus.

In Österreich sank der Umsatz um vier Prozent auf 3,064 Milliarden Euro. Ametsreiter führt den Rückgang vor allem auf den Preiskampf und die regulatorischen Vorgaben zurück. "Die Wettbewerbssituation ist in Österreich härter als in jedem anderen Land Europas", klagt der Telekom-Chef. Doch die Telekom freut sich hierzulande über 21.000 neue Kunden im Segment Festnetz, in dem kürzlich die Gebühren erhöht wurden und eine automatische Inflationsanpassung gilt.

Harte Zeiten im Ausland

In Weißrussland (velcom) verringerte sich der Umsatz um fast ein Viertel auf 260,9 Millionen Euro, das Ebitda schrumpfte um beinahe ein Drittel auf 106,6 Millionen Euro. Anlegervertreter wie Wilhelm Rasinger (IVA) kritisieren das Fehl-Engagement in der "letzten Diktatur Europas".

Auch in Bulgarien (mobiltel) gab der Umsatz um 6,5 Prozent nach, rund 527,7 Millionen Euro wurden erwirtschaftet. Das Ebitda verkleinerte sich um 12,3 Prozent auf 261,9 Millionen Euro. In Kroatien sind ebenfalls Umsatzrückgänge und ein Ebitda-Schwund verbucht worden. Indes baut die Telekom auf das Jahr 2012. "Das Ergebnis wird heuer erfreulich werden, es wird ein ordentlicher Nettogewinn in dreistelliger Höhe werden", prognostiziert Ametsreiter. Mit einem sogenannten "New Ambition Program" will die Telekom negative Effekte bekämpfen und den Cashflow stabilisieren. Laut Tschuden sollen bis 2013 positive Cashfloweffekte von 130 Millionen Euro erzielt werden, davon entfallen 30 Prozent auf den Umsatz, 55 Prozent auf die Kosten und der Rest auf Effizienz.