Österreich droht mit völkerrechtlicher Klage. | Melker Protokoll besitzt laut Gutachten völkerrechtliche Verbindlichkeit. | Prag. Tschechiens Außenminister, Alexandra Vondra, gibt sich dieser Tage recht undiplomatisch: "Falls die österreichische Regierung tatsächlich Klage erhebt, endet der Dialog um die Sicherheit," warnt sie die österreichische Regierung.
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Mit Ausnahme der Grünen ist sich die tschechische Politik einig in ihrer Empörung über den Antrag des österreichischen Nationalrats, die Betriebsgenehmigung für das AKW Temelín mit einer völkerrechtlichen Klage gegen Tschechien zu parieren. Allein dieser Beschluss sei "skandalös", erklärt Staatspräsident Vaclav Klaus. Am anderen Ende des politischen Spektrums fasst der Vorsitzende der kommunistischen Partei, Vojtech Filip, zusammen, was der Volksseele am Beschluss des österreichischen Nationalrats am meisten aufstößt: Dass ausgerechnet Österreich sich erlaubt, den Tschechen Bedingungen auferlegen zu wollen. "Prag wird schon seit 1918 nicht mehr von Wien aus regiert," so Filip.
Mehr als ein Kraftwerk
Temelín ist in Tschechien weit mehr als ein bloßes Kraftwerk. "Die Tschechen sind ein Ingenieursvolk und Temelin ist ein nationales Denkmal," erklärt der Kernenergie-Experte von Greenpeace, Jan Haverkamp. Die Reaktionen auf den Klagebeschluss geben ihm Recht. Als "Fragen des nationalen Interesses" deklariert der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek die Diskussion um Temelin. Und stößt dabei sogar auf die Zustimmung seines konservativen politischen Widersachers und derzeitigen Regierungschefs, Mirek Topolanek. Der stellt sich zudem trotzig: "Der Beschluss des österreichischen Nationalrats bedeutet für uns faktisch nichts," sagt Topolanek.
Nachbarschaftszwist
Das Melker Protokoll ist der Kompromiss im Nachbarschaftszwist um die Kernenergie. Der Völkerrechtler Manfred Rotter gelangte in einem Gutachten zudem zu der Auffassung, dass es völkerrechtliche Verbindlichkeit habe. Im Dezember 2000 hatten sich Tschechen und Österreicher auf den Vertrag geeinigt. Tschechien würde weitere Sicherheitsüberprüfungen am Kraftwerk vornehmen und eventuelle Mängel beseitigen. Österreich würde dafür seine Proteste eindämmen, besonders die regelmäßigen Grenzblockaden. Nun streitet man sich, wer das Abkommen zuerst gebrochen hat. Österreich, weil es erneute Grenzblockaden zuließ, oder die Tschechen, die dem AKW Temelín trotz Bedenken hinsichtlich der Sicherheitsventile und Kühlröhren, die Betriebserlaubnis gaben.