Zum Hauptinhalt springen

Temelin und Bene-Dekrete sind kein Beitrittshindernis

Von Rainer Mayerhofer, Brüssel

Politik

Für die zehn EU-Beitrittskandidaten steht ein Beitrittsfenster zwischen 2003 und 2005 offen. Er rechne aber nicht damit, dass die zehn Kandidaten alle auf einmal beitreten werden, betonte der für die Erweiterung der EU zuständige Kommissar Günter Verheugen Dienstag im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Brüssel. Eine klare Absage erteilte Verheugen österreichischen Versuchen, die Frage der Bene-Dekrete oder des Atomkraftwerks Temelin als Veto-Gründe gegen einen Beitritt Tschechiens ins Spiel zu bringen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Verheugen wies auf mehrere Beitrittsszenarien hin und meinte, dass die Erweiterung wohl gruppenweise erfolgen werde, wobei sich die Gruppen selbst bilden werden. Alle Beitrittswerber erfüllten die politischen Bedingungen. Ein Hauptproblem, was man weiter zu beachten habe, sei aber das der Roma die in einer von mitteleuropäischen Staaten - und damit sind nicht nur die Beitrittswerber gemeint - noch immer starken Diskriminierungen unterliegen. Was die wirtschaftlichen Bedingungen betrifft, erfüllen zwei der Beitrittsländer - Malta und Zypern - bereits die ökonomischen Erfordernisse. Drei Länder - Ungarn, Polen und Estland - haben die erforderlichen marktwirtschaftlichen Strukturen, zwei weitere Länder - Tschechien und Slowenien - können nach internationalen Standards als Marktwirtschaften betrachtet werden. Erst mittelfristig werden Lettland, Litauen und Slowenien die ökonomischen Kriterien erfüllen. Schlusslichter sind Bulgarien, Rumänien und die Türkei.

Keine Furcht vor Volksabstimmungen

Kein Zweifel hat Verheugen daran, dass Österreich die Erweiterung voll unterstützt und er fürchtet sich auch nicht von Volksabstimmungen zu diesem Thema, da die wesentlichen Fragen bis zum Beitritt neuer Kandidaten gelöst sein werden. Als Beispiele führte er die Freizügigkeit bei den Arbeitsplätzen und klare Regelungen bei Sozial- und Umweltstandards an.

Stimmen aus Österreich, die einen Beitritt Tschechiens mit der Frage Temelin und den Bene-Dekreten verbunden wissen wollen, hielt Verheugen entgegen, dass das AKW-Temelin 1997 nicht in die Liste jener AKWs aufgenommen worden sei, die wegzuverhandeln sind. Es werde bei den Beitrittsverhandlungen mit Prag deshalb auch nicht herauskommen, dass Temelin stillgelegt wird. Verheugen ist aber überzeugt, dass eine vernünftige Lösung gefunden wird.

Dialog zwischen Österreich und Tschechien

Zur Frage der Bene-Dekrete meinte Verheugen, dass sie sicher kein Thema der Erweiterungsverhandlungen sein werden. Er meinte aber, dass ein Dialog zwischen Österreich und Tschechien über die gemeinsame Geschichte notwendig sei, so wie dies auch zwischen Deutschland und Tschechien geschehen sei. Das Thema sei auch bei den Tschechen ein sehr sensibles, weil man auch in Prag Angst habe Radikalen von links und rechts in die Hände zu arbeiten. Es solle diese Frage beidseitig gelöst werden, um sie nicht in die EU hineinzutragen.