Die ehemalige Nummer zwei der marokkanischen Luftwaffe sitzt wegen Weitergabe militärischer Geheimnisse in Haft. Seine Familie bemüht sich um Freilassung.
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Kaddour Terhzaz sitzt in einem marokkanischen Gefängnis und verbüßt gerade eine 12-jährige Haftstrafe. Die ehemalige Nummer zwei der königlichen Luftwaffe habe sich der Weitergabe von militärischen Geheimnissen schuldig gemacht, beschied ein Militärgericht vor zwei Jahren. Für den 73-Jährigen mit Herzproblemen kam diese Verurteilung einer unbedingten lebenslangen Haft sehr nahe. In Anbetracht dessen, was Terhzaz offiziell vorgeworfen wird, wirkt die Strafe ein wenig übertrieben.
Im Jahr 2005 setzte sich Terhzaz hin und schrieb einen Brief an seinen König, in dem er diesen um soziale Verbesserungen für die Piloten der Luftwaffe bat, die im Westsaharakonflikt (1975 bis 1991) gekämpft hatten. Viele von ihnen wurden jahrelang in Gefängnissen ihres Gegners, der für Unabhängigkeit kämpfenden Polisariofront, festgehalten. Die letzten von ihnen kamen erst Anfang des Jahrtausends frei.
In die Heimat zurückgekehrt, sahen sie sich allerdings erneut mit Repressionen konfrontiert. Ihre Dienstgrade wurden eingefroren. Für sie trat nun Terhzaz in seinem Brief ein und erklärte, es habe sich trotz allem um wackere Soldaten gehandelt. Die militärischen Rückschläge und ihre Gefangennahme seien vor allem darauf zurückzuführen, dass die marokkanischen Kampfjets seinerzeit nicht mit Raketenabwehrsystemen ausgerüstet gewesen seien.
Was mit diesem Brief Terhzaz geschah, ist nicht eindeutig geklärt. Diverse Medien schreiben, der Brief habe den König erreicht, andere - so wie auch seine Familie - behaupten, der Brief sei abgefangen worden. Wie auch immer, im Jahr 2006 erklärte der ehemalige Pilot Ali Najab, der von 1978 bis 2003 in Gefangenschaft der Polisario war, in einem Zeitschrifts-Interview, dass die marokkanische Luftwaffe nicht über Raketenabwehrsysteme verfügt habe. Dies offenbar, nachdem er Terhzaz Brief gelesen hatte.
Die militärische Führung Marokkos sah rot und ließ Terhzaz verhaften, der in der Folge 2008 zu seiner 12-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Auch wenn die verratenen Geheimnisse bereits rund 30 Jahre zurücklagen.
Terhzaz Familie hat sich an die französische Regierung mit der Bitte um Hilfe gewandt. Denn nicht nur erhielt der Offizier seine militärische Ausbildung in Frankreich, er ist auch mit einer Französin verheiratet, besitzt die französische Staatsbürgerschaft und ist Ritter der Légion dhonneur. Das Bemühen der Familie blieb erfolglos. Paris verwies darauf, dass es sich um eine Angelegenheit der marokkanischen Justiz handle. Die Familie blieb hartnäckig und nun haben sich diese Woche 151 Abgeordnete des Europaparlaments in einem Brief an König Mohammed VI. gewandt, in dem sie ihn um Gnade für Terhzaz bitten.