Wann immer ein Flugzeug entführt wird, ruft dies ein großes Medienecho hervor. Subjektiv entsteht dabei das Gefühl einer großen Gefahr für die Passagiere. Aber: Jährlich werden bei rund 15 Millionen Linienflügen mehr als eine Milliarde Passagiere transportiert. Seit dem 11. September 2001 gab es weltweit 40 Entführungsversuche. Kein einziger Passagier wurde dabei verletzt. Im Vergleich dazu gibt es im Schnitt 30 Flugunfälle pro Jahr. Die Bedrohung durch Terroristen ist also äußerst gering.
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Seit 9/11 wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Piloten sind durch Panzertüren vom Passagierraum getrennt. Kameras überwachen die Bereiche vor dem Cockpit und Teile der Kabine. Oft fliegen zusätzlich Sicherheitsbeamte (Sky-Marshals) mit. Zudem gibt es rund um die Uhr eine Beobachtung und Einschätzung der Sicherheitslage in der Luftfahrt (bei großen Airlines Standard). Natürlich ist die Wachsamkeit der Crews gegenüber auffälligen Passagieren gestiegen, aber die Angst vor Terroranschlägen ist unter den Piloten eher gering.
Terrorbekämpfung muss in erster Linie am Boden stattfinden. Flugzeugbesatzungen unterliegen den selben Sicherheitsvorschriften wie Passagiere und werden vor jedem Flugeinsatz kontrolliert. Dies hat jetzt ein Ausmaß erreicht, bei dem manch einer auf seine Flugreise verzichtet. Von Aktionen wie Schuhe ausziehen, Gürtel runter, Laptop raus, Beschränkung der Flüssigkeiten, Sprengstoffabstrichen sind wir nicht ausgenommen. Dazu jetzt die Debatte über Ganzkörperscanner - eine Alibi-Maßnahme, die das Fliegen nur sehr begrenzt sicherer macht.
Wir Piloten sprechen uns für den Einsatz modernster Technologie für höchstmögliche Sicherheit aus, lehnen aber die Bestrahlung der Besatzungen ab. Dies gilt für Röntgen- wie für Terahertzstrahlen. Die Auswirkungen dieser Strahlung im Millimeterbereich auf den Körper sind noch unbekannt. Strahlenschutzexperten empfehlen, nur passive Systeme einzusetzen (keine direkte Bestrahlung).
Einen viel wirksameren Schutz gegen Sprengstoffe aller Art bieten Ionenscanner. Hier wird die Person mit kleinen Luftstößen angeblasen. Die Luft wird nach unten abgesaugt und anschließend konzentriert. Nach Ionisation der Luftmoleküle werden diese analysiert. Zurzeit können über 40 verschieden Sprengstoffe und Drogen erkannt werden. In Verbindung mit einem Metalldetektor würde hier ein viel größeres Maß an Sicherheit geschaffen und nicht in die Privatsphäre von Menschen eingedrungen. Und eine Gefährdung der Gesundheit ist dabei auszuschließen.
Die Bedrohung durch Anschläge ist nicht wegzudiskutieren, auch wenn sie sehr gering ist. 100-prozentige Sicherheit ist nicht wirklich erreichbar. Dazu müsste man an den Ursachen für Terrorismus ansetzen. Eine Erhöhung der Sicherheit ist aber durch bessere, koordinierte Zusammenarbeit der Geheimdienste und eine Verbesserung der Sprengstofferkennung zu erreichen. Und das, ohne die Kontrollen unerträglich zu machen.
Christoph Mair ist Präsident des Verbandes Österreichischer Verkehrspiloten.