Mindestens elf Tote und dutzende Verletzte. | Attentäter wollen Terroristen freipressen.
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Neu Delhi. Es war kurz nach zehn, als vor dem Tor Nummer 5 des gut gesicherten Gerichtsgebäudes in Neu Delhi ein Sprengsatz in einem Koffer explodierte. Mindestens elf Menschen starben, über 70 wurden verletzt. Viele Menschen hatten sich an diesem Mittwoch am High Court im Süden der Millionen-Metropole versammelt, weil an diesem Wochentag die Richter Fälle von öffentlichem Interesse beraten. "Ich hörte eine laute Explosion. Blut war plötzlich überall", beschrieb Puneet Bhatnagar, ein Anwalt, die Szene im indischen Fernsehen.
Wenig später bekannte sich die islamistische Gruppe Harkat ul Jihad al-Islami (HuJI) zu der Tat und drohte mit weiteren Anschlägen, falls die indischen Behörden nicht Afzal Guru begnadigen würden, der wegen eines Attentats auf das indische Parlament 2001 zum Tode verurteilt wurde und in einem indischen Gefängnis auf seine Hinrichtung wartet. Man werde Anschläge auf "andere Gerichte und den Obersten Gerichtshof Indiens" verüben, hieß es in einer E-Mail der Organisation an indische Medienorganisationen. HuJI ist eine in Pakistan beheimatete Gruppe, die vor allem in Indien operiert.
Allerdings soll HuJI gar nicht hinter dem Anschlag auf das indische Parlament stecken: Laut indischen Erkenntnissen geht er auf das Konto von Lashkar-e-Toiba und Jaish-e-Muhammed, ebenfalls Terrorgruppen aus Pakistan.
Der Bombenanschlag vor dem Gericht ist der schwerste in der indischen Hauptstadt seit 2008, als bei einer Serie von Anschlägen auf Märkte und andere belebte Plätze 22 Menschen getötet und um die 100 verletzt wurden. Innenminister Palaniappan Chidambaram beauftragte die Bundeskriminalbehörde mit den Ermittlungen. Im Moment gibt es noch wenige konkrete Indizien, die den Anschlag klar einer Gruppe zuordnen könnten. Bereits im Mai war eine Bombe in einer Plastiktasche vor dem gleichen Gerichtsgebäude in Delhi explodiert, hatte jedoch lediglich Sachschaden angerichtet. Im Juli explodierten in der Finanzmetropole Mumbai (Bombay) drei Sprengsätze fast zeitgleich auf zwei Märkten und einer Bahnstation - es gab über 25 Todesopfer. Immer noch ist unklar, wer für diesen Anschlag verantwortlich ist. Es gibt allerdings Hinweise, dass nicht Islamisten, sondern Hindu-Extremisten hinter der Terrortat stecken.
Viele Spekulationen
Doch in Bombay wie nun auch in Delhi sind die Opfer gewöhnliche Menschen, die auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen sind - und nicht Ausländer oder reiche Inder, wie bei dem Anschlag auf die beiden Luxushotels in Bombay 2008, hinter dem das Terrornetzwerk Al Kaida stecken soll.
Wie bei anderen Terrorattentaten in Indien gibt es viele Spekulationen, aber meist wenig Klarheit. Die wenigstens Anschläge der letzten Jahre sind hinreichend aufgeklärt worden. Dies könnte auch nun in Delhi wieder der Fall sein. Manche sehen hier eher das Werk von Terrorgruppen aus Indien, andere zeigen wie üblich mit dem Finger auf Pakistan. Solange der Anschlag vor dem Obersten Gericht in Delhi nicht klar dem Al-Kaida-Netzwerk zugeschrieben werden kann, wird das Interesse international kaum lange anhalten. Terror in Indien gehört zum Alltag: Allein in Neu Delhi gab es in den letzten fünf Jahren sieben größere Attentate.