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Terror-Prozess: Sauerland-Zelle steht vor Gericht

Von Richard Heister

Europaarchiv

Deutsche Fahnder wollen 2007 verheerende Anschläge vereitelt haben. | Düsseldorf. (afp) Es war die größte Ermittlungsaktion der deutschen Kriminalgeschichte: Monatelang hatten rund 600 Beamte die Islamisten rund um die Uhr observiert, ehe Elitepolizisten der GSG 9 am 4. September 2007 im sauerländischen Medebach-Oberschlehdorn zugriffen. Mit der Festnahme von drei Terrorverdächtigen in einem Ferienhaus verhinderten die Fahnder nach eigenen Angaben Sprengstoffanschläge in Deutschland, die womöglich verheerender gewesen wären als die Attentate von Madrid und London. Vom heutigen Mittwoch an muss sich das Trio mitsamt einem später festgenommenen Helfer der sogenannten Sauerland-Zelle in Düsseldorf vor Gericht verantworten.


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Auf Geheiß der Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union (IJU) sollen die Angeklagten Autobombenanschläge auf US-Bürger und amerikanische Einrichtungen in Deutschland vorbereitet haben. Als Ziele nahmen sie laut Anklage Gaststätten, Discos und Flughäfen ins Visier, unter anderem in Großstädten wie Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und München. Auch die Botschaft Usbekistans in Deutschland war nach Erkenntnissen der Ermittler eines der Anschlagsziele - auf Anordnung der IJU-Führung. Die Sprengsätze sollten demnach Ende September oder Anfang Oktober 2007 detonieren, kurz vor der Bundestagsentscheidung über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats der deutschen Bundeswehr.

"Operation Alberich"

Die Spur der Männer, die laut Anklage im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet ein Terrortraining absolviert hatten, nahmen die Ermittler Anfang 2007 nach Hinweisen des US-Geheimdienstes auf. Die verdeckten Nachforschungen im Zuge der Operation "Alberich" führten zu den deutschen Konvertiten Fritz G. (29) und Daniel Sch. (23) sowie dem 30-jährigen türkischen Staatsbürger Adem Y. Monatelang wurde die Gruppe nun observiert - Telefone wurden abgehört, Wohnräume und Autos akustisch überwacht. Bis zu ihrer Festnahme besuchten die Verdächtigen allein 200 Mal insgesamt 60 verschiedene Internet-Cafes, stets unter den Augen der Fahnder. Als die Beamten im Spätsommer 2007 in dem beschaulichen Dorf im Sauerland zuschlugen, hatten die drei Männer laut Anklage gerade mit der Herstellung eines explosionsfähigen Gemischs begonnen. Freilich wussten die Islamisten nicht, dass die Ermittler bereits im Juli 2007 den Sprengstoff unbrauchbar gemacht hatten.

Bis zur Urteilsverkündung dürften zwei Jahre vergehen.