Folgte man dem viertägigen "Terror-Prozess" gegen das nun verurteilte Wiener Paar, beschlich einen das Gefühl, in eine entfernte Welt einzutauchen. Hautnah konnte man die Welt der Schleier, Kalifen und des Propheten spüren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Da zeigten sich ganz normale, modern anmutende Gepflogenheiten wie die versierte Nutzung von Computern und Internet im Familienalltag. Dass genau diese Technik auch zur Herstellung radikaler Islamisten-Propaganda gedient haben dürfte, macht auch nicht wirklich Angst.
Regelmäßig wurden aber auch - nicht nur vom Hauptangeklagten - Aussagen laut, wonach man westliche Werte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit strikt ablehne. Als oberstes Gebot galt in der Familie des Angeklagten der Islam. Unter Berufung auf ihn legte Mona S. auch den Schleier an und blendete sich damit selbst vom Prozess aus.
Dass selbst der Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, den Schleier vor Gericht für "unnötig" hält, sowie Gelehrte darauf hinwiesen, dass ein Kopftuch gereicht hätte, war für die Angeklagten kein Argument.
Umgekehrt berief man sich - immer wenn es für den Verlauf des Verfahrens günstig schien - auf westliche Werte. So erhob man etwa massive Menschenrechtsverletzungs-Vorwürfe gegen die Exekutive: Die Verteidigung behauptete etwa bis zuletzt, die Aussagen von Mona S. seien "unter Folter" zustande gekommen, sie habe in Haft ein Kind verloren. Ihr nach islamischem Recht angetrauter Ehemann Mohamed M. verkündete wiederum, man quäle ihn in U-Haft vorsätzlich - mit "Schlafentzug". Weder das damit befasste Justizministerium noch die Staatsanwaltschaft Wien konnten einen dieser Vorwürfe verifizieren.
"Gewalt gegen Frauen und Kinder ist unislamisch", hörte man regelmäßig vom 22-jährigen Hauptangeklagten. Er bezog sich dabei auf Geiselnahmen durch Islamisten, die er bekämpft haben will. Im gleichen Atemzug bekannte er sich aber zum Heiligen Krieg Dschihad und dazu, dass "jeder Moslem verpflichtet ist, Feinde abzuwehren, wenn sie auch nur eine Handbreit islamischen Bodens betreten. Gewalt nein, Verteidigung ja!"
Was aber ist genau "islamischer Boden", und wer zieht die Grenzen zu den "Ungläubigen"? In Palästina, Afghanistan, Iran, Irak oder den Kurdengebieten etwa gibt es sehr unterschiedliche Sichtweisen über regionale Islamisierung und ihre Historie.
Das heißt aber, dass sich manche Gruppen weltweit selbst berechtigen, andere im Falle des Überschreitens subjektiv gezogener (Glaubens-)Grenzen mit Feuer und Schwert zu vernichten. Dass die Angeklagten Teil der "Globalen Islamische Medienfront" waren, hat das Gericht nicht rechtskräftig festgestellt. Wie das Urteil unter Dschihad-Anhängern aufgenommen wird, bleibt abzuwarten.
Seite 13