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Mit Spuck- und Lollipop-Tests können auch Kleinkinder auf Sars-CoV-2 getestet werden. Wie sicher sind diese aber?
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Genuss sieht anders aus, Grausen aber auch. Wie einen Lutscher bewegt der dreieinhalbjährige Leopold den Sars-CoV-2-Test in seinem Mund herum, nimmt ihn heraus, beäugt ihn kritisch, ob die Speichelmenge bereits ausreicht für die Übertragung auf das Testkit. Leopold ist Nikolaus Reschs Sohn, zu sehen ist er im Video von dessen Vertriebsfirma 21med. "Auslöser war, dass mein Sohn im Jänner einen Test machen musst, da habe ich gesehen, dass das nicht 100-prozentig für Kinder gelöst ist."
Der Vater recherchierte, bestellte Antigen-Schnelltest-Lollipops aus China, den "V-Chek 2019-nCoV Ag Saliva Rapid Test Card" des Herstellers Guangzhou Decheng Biotechnology. Das funktionierte besser, er glaubte an eine Marktlücke und vertreibt diese Tests nun in Österreich, wie andere mittlerweile auch. Es gehe darum, die "Hemmschwelle von Eltern und Kindern zu reduzieren", die Akzeptanz bei Eltern kleiner Kinder sei wesentlich höher als bei Nasen-Abstrich-Tests. Der Test sei geschmacklos, anders als ein echter Lollipop nicht süß, es bestehe keine Kariesgefahr für Kinder.
"Man kann damit Corona im Kindergarten nicht ausrotten, aber eindämmen", räumt Resch ein. "Es wäre auch der falsche Ansatz, dass man nach einem negativen Test Oma und Opa besuchen darf." Eltern und Kindergärten dürften keine falsche Sicherheit vermitteln. Laut Herstellerangabe habe er eine Sensitivität von 95,65 Prozent. Das bedeutet, dass er unter besten Versuchsbedingungen um 4,35 Prozent weniger Sars-CoV-2-Positive entdeckt als ein PCR-Test.
Fragen der Sicherheit
Mit dem "Saliva Sars-CoV-2 Antigen Combined Testkit" des Herstellers Ningbo Beautiful Life Medical Biotechnology Development ist ein weiterer Lutscher-Antigen-Schnelltest für Kleinkinder in Österreich erhältlich. Beide Tests dürfen von Laien verwendet werden, heißt es zu diesen aus dem Gesundheitsministerium. Nicht überzeugt ist man aber von der Sicherheit: "Aus bisher noch nicht publizierten Studienergebnissen lässt sich vermuten, dass vor allem die Sensitivität der Lollipop-Tests stark hinter den Empfehlungen des Ministeriums zurückbleibt." Die Mindestanforderung sind 90 Prozent.
Am 6. April startete Niederösterreich dennoch einen Pilotversuch an fünf Landeskindergärten in Wolkersdorf, Thaya, Neumarkt an der Ybbs, Neunkirchen und Weigelsdorf mit insgesamt 418 Kindern. Für den Antigen-Schnelltest-Lollipop, den auch Resch vertreibt, habe man sich deshalb entschieden, weil dieser als einziger über die Bundesbeschaffung GmbH zu beziehen ist. Konkret heißt es von dieser, dass es im Moment nur einen Rahmenvertrag zu einem Lollipoptest gibt. Voraussetzung dafür ist, neben dem Gewinn der EU-weiten Ausschreibung, die CE-Zertifizierung und das Erfüllen der Mindestanforderungen des Ministeriums. Die Wahl des Produktes liege in der "Verantwortung des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers", der bestellt.
Die Niederösterreicher sind sich der Bedenken des Ministeriums bewusst. "Natürlich stellen sich auch uns Sicherheitsfragen", heißt es dazu aus dem Büro von Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP). "Wir haben sonst aber gar keinen Testschutz bei den Kindern, und so entdeckt man zumindest einige", deshalb der Pilot. An Tag eins wurden 179 Tests durchgeführt, einer war positiv. Über weitere Ergebnisse sind die Kindergärten "nicht befugt" zu sprechen, hieß es aus einem zur "Wiener Zeitung". Deutlich mehr als Hälfte habe teilgenommen, heißt es aus dem Bildungsressort. Aus dem Gesundheitsressort von Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), heißt es, Ergebnisse würden noch evaluiert.
Klar scheint aber, dass Niederösterreich das Pilotprojekt ausrollen will. Aktuell arbeite man an einem Regierungsakt dazu, der kommende Woche beschlussfähig sein soll. Klar ist auch, dass man sich dazu entschlossen hat, dass die Teilnahme bei den Kindergarten-Testungen - so wie im Burgenland - auch in Niederösterreich freiwillig bleiben wird. Die Länder könnten dazu, weil Kindergärten Landeskompetenz sind, auch eine Verordnung für eine verpflichtende negative Testung vor dem Kindergartenbesuch erlassen.
In Wien testet Gurgeltest-Entwicklerin Manuela Födinger aktuell PCR-Lutscher-Testungen, die "Wiener Zeitung" berichtete. Im Büro vom Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) geht man davon aus, dass der Zeitraum, in dem Antigenschnelltests Positive noch nicht anzeigen, bei Kleinkindern eine größere Rolle spielen als bei Erwachsenen. "Da es sich bei einer PCR-Testung grundsätzlich um den Goldstandard zum Sars-CoV-2-Nachweis handelt, kann ein Virus mit hoher Präzision sowohl in Speichelproben als auch in Gurgelaten nachgewiesen werden", heißt es dazu auch aus dem Ministerium. Die Wiener warten also auf den PCR-Lollipop.
Spucktestungen in Traiskirchen
Warten wollte Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) nicht. Seit sechs Wochen werden den Eltern der rund 850 angemeldeten Kindern in den 13 Kindergärten der Stadtgemeinde mit Spucktests für Kleinkinder versorgt. "Wir wollten da nicht zuschauen, haben gesehen, dass Kleinkinder auch von Infektionen betroffen sind", sagt Babler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Eltern erhalten deshalb drei Tests pro Woche im Kindergarten fürs Testen zu Hause. "Obwohl rein freiwillig, machen zwischen 85 und 90 Prozent mit." Mit dem Ergebnis, "dass wir schon einige Cluster verhindert haben könnten. Erst letzte Woche sind drei Kinder rausgefischt worden."
Für eine möglichst sichere Anwendung der Test habe man für Eltern pädagogische Tipps mitgegeben. Grundsätzlich mit den Kindern offen und ehrlich umzugehen, was den Sinn der Testung anbelangt, wird darin genauso empfohlen, wie Wangen massieren vorab. Eltern könnten das Spucken auch in Geschichten verpacken. "Spucken macht tierisch Spaß", ist eine Art Wettbewerb: Wer kann als Frosch am weitesten hüpfen? Welcher Pinguin watschelt am lustigsten? Wer ist das beste Lama und kann am meisten spucken?
Und wie sicher sind diese Tests? "Ähnlich wie Tests für Erwachsene, sobald das Infektionsgeschehen überschaubarer wird, werden wir auf PCR-Pool-Spucktest umsteigen", sagt allerdings auch Babler.