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Für Hysterie besteht bei Ebola kein Grund, für entschlossenes Handeln ist es höchste Zeit.
Peter Maurer, der Präsident des Internationalen Roten Kreuzes, bereitet die Öffentlichkeit gerade auf den drohenden globalen Ausbruch der aggressiven Virus-Krankheit vor, während die Politik noch bemüht ist, zu beruhigen. Das ist vielleicht nicht einmal die schlechteste Aufgabenteilung. Das Rote Kreuz ist ein unverdächtiger Mahner, umso mehr haben Maurers Worte Gewicht, wenn er den Ernst der Lage beschreibt: "Es ist in unserer globalisierten Welt eine Illusion zu glauben, dass sich solch eine Krankheit lokal begrenzen lässt." Dass die EU dennoch jene Länder in Westafrika dabei unterstützen will, die Kontrolle bei der Ausreise an den Flughäfen zu optimieren, ist kein Widerspruch.
Ebola könnte zum Test werden, wie gut wir gelernt haben, die Realität einer globalisierten Welt zu handhaben. Oder eben wie schlecht. Kontrollen an Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen sind notwendig, dienen aber zur Hauptsache dem Schutz der eigenen Region und sind deshalb rein defensiv. Außerdem notwendig sind: eine massive Hilfsaktion Europas und der USA für die am stärksten betroffenen Länder; die Entsendung von medizinischem Fachpersonal samt Ausrüstung; und die Bereitschaft, weiterhin Patienten aus der Region in Europa zu behandeln. Wenn dann noch die Pharmaindustrie schnell für Medikamente sorgt, wird es gelingen, eine globale Epidemie zu verhindern. Der Blutzoll ist, das verlieren wir im Norden leicht aus den Augen, im Süden ohnehin groß genug.
Vor allem die Behandlung infizierter Patienten aus Westafrika ist dabei ein kritischer Testfall für unsere Resistenz gegen Panik. Nüchtern betrachtet kann es sich dabei angesichts der erwarteten Infektionswelle nur um symbolische Solidarität handeln, schließlich muss die Behandlung in dafür spezialisierten Kliniken erfolgen, und davon gibt es selbst in Europa nicht allzu viele.
Langfristig gravierender, obgleich unerlässlich, wird der weitere Ausbau einer umfassenden Kontrollinfrastruktur sein - und zwar nach innen wie an den Außengrenzen Europas. Sie ist der Preis, den wir für die Globalisierung berappen. Die Ironie ist: Was mit dem Versprechen nach mehr Freiheit begonnen hat, mündet in stetig mehr Überwachung, auch wenn diese in diesem Fall unserem Schutz dienen soll.